Mittelbare Täterschaft bei Fahrlässigkeitstaten
Italo Reyes Romero
Im deutschen Schrifttum wird ein extensiver Täterbegriff bei Fahrlässigkeitsdelikten vertreten, sodass nur eine Kausalitätsbeziehung und eine Sorgfaltspflichtverletzung erforderlich sind, um die Täterschaft eines Beteiligten zu bejahen. Dies bedeutet eine entscheidende Abweichung des Täterbegriffes bei Vorsatzdelikten, bei denen ein restriktiver Täterbegriff wegen struktureller und gesetzlicher Argumente einhellig verteidigt wird. Trotzdem führt aus normentheoretischer Sicht ein abweichender Täterbegriff bei Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikten zu einem systematischen Widerspruch. Mit der Annahme eines restriktiven Täterbegriffes auch bei Fahrlässigkeitsdelikten ist die Möglichkeit einer fahrlässigen mittelbaren Täterschaft dann geöffnet.
Insoweit strebt diese Arbeit an, die Figur der fahrlässigen mittelbaren Täterschaft auf der Grundlage der Normentheorie zu begründen. Entscheidend ist, dass die mittelbare Täterschaft darauf beruht, dass die Handlung des Hintermannes hinsichtlich des Tatbestandes (nur) eine Hilfshandlung darstellt, die ihm unter bestimmten Gründen als Täterschaft zugeschrieben werden kann. Trotz der Ausführung einer Hilfshandlung beruft sich die mittelbare Täterschaft auf ein bestimmtes Verantwortungsdefizit beim Vordermann, für das der Hintermann zuständig ist. Dies entspricht die Konstruktion der Begehung der Tatbestandsverwirklichung durch einen anderen, die das StGB ausdrücklich anerkennt. Auf diese Weise wirkt die Charakterisierung der Handlung des mittelbaren Täters als Hilfshandlung sich auf seine eventuelle Fahrlässigkeit aus, weil sich die entsprechende Sorgfaltsanforderung auf die Handlung von anderen bezieht. Der mittelbare Täter handelt also fahrlässig, weil die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen nicht ergriffen wurden, um das Verhalten des defizienten Vordermannes rechtmäßig zu kontrollieren.