Petrus Canisius zwischen alten Traditionen und neuen Zeiten
Innsbrucker Petrus-Canisius-Tagung 2021
Mathias Moosbrugger
Der Jesuit Petrus Canisius (1521–1597) hat das Schicksal einer historischen Jubiläumsberühmtheit: Er ist aus dem durchschnittlichen Geschichtsbewusstsein im Wesentlichen verschwunden; nur zu besonderen Anlässen wird er vor den Vorhang geholt. Dass das für die Forschung nicht das Schlechteste sein muss, hat sich schon im Um- und Vorfeld seiner Seligsprechung 1864 und seiner Heiligsprechung 1925 gezeigt, als eine intensive Dokumentierung seines Lebens und Wirkens eingesetzt hat, die allen hagiographischen Anklängen zum Trotz eine tragfähige Grundlage für die historisch-kritische Forschung geschaffen hat. Auch sein 400. Todestag 1997 hat zu einer Reihe von wichtigen historischen Tagungen und Studien geführt.
2021 stand sein 500. Geburtstag an – und damit bot wieder einmal ein Jubiläum die Gelegenheit, neuen historischen Erkenntnissen und Perspektiven zu dieser bedeutenden Gestalt der Wiederbelebung des deutschen Katholizismus im 16. Jahrhundert ein Forum zu bieten. Dieser Band dokumentiert eine Tagung, die zu diesem Zweck im Mai 2021 an der Katholisch-Theologischen Fakultät in Innsbruck veranstaltet worden ist. Die hier versammelten Vorträge von Experten der frühneuzeitlichen Kirchen- und Religionsgeschichte, der frühen Jesuitengeschichte und der Canisius-Forschung machen das Bild eines faszinierenden Mannes sichtbar, der zwischen Mystik und Aktivismus, zwischen Rom und dem deutschsprachigen Raum, zwischen Mittelalter und Neuzeit, zwischen Reformation und Konfessionalisierung und zwischen Glauben und Aberglauben oszilliert ist. Es wird greifbar, dass er nicht nur im Leben, sondern auch in seinem Nachleben geradezu eine Verkörperung der frühneuzeitlichen katholischen Kirche in ihrem komplexen Selbstfindungsprozess zwischen alten Traditionen und neuen Zeiten gewesen ist.