Politikverdrossenheit
Bedeutung, Verwendung und empirische Relevanz eines politikwissenschaftlichen Begriffs
Kai Arzheimer
Die Rede von der politischen Verdrossenheit hat wie kaum ein anderer Begriff die politische und politikwissenschaftliche Diskussion der achtziger und neunziger Jahre geprägt, obwohl der Begriff höchst problematisch ist. In der vorliegenden Arbeit wird gezeigt, dass sowohl aus analytischer als auch aus empirischer Perspektive nichts dafür spricht, am Verdrossenheitsbegriff festzuhalten. Insbesondere zur Analyse der politischen Einstellungen im vereinten Deutschland ist er denkbar ungeeignet, weil er die subtilen Unterschiede in der Struktur und Dynamik der politischen Unterstützung verwischt, die sich hier nach der Verschmelzung zweier so unterschiedlicher politischer Kulturen beobachten lassen. In der Forschungspraxis sollte er deshalb durch das bewährte und international anschlussfähige Instrumentarium der empirischen Politikforschung ersetzt werden.