Praktizierte Staatskirchenhoheit im Nationalsozialismus
Die Finanzabteilungen in der nationalsozialistischen Kirchenpolitik und ihre Praxis in den Landeskirchen von Hannover, Braunschweig und Baden
Hauke Marahrens
Ab 1935 richtete der nationalsozialistische Staat Finanzabteilungen bei vielen Verwaltungsbehörden der evangelischen Kirche ein. Sie waren zunächst als Rechtshilfe für die Kirche gedacht. Bald aber wurden die Finanzabteilungen zu dem zentralen staatskirchenhoheitlichen Werkzeug des Reichskirchenministeriums ausgebaut und vordringlich zur Kontrolle, weltanschaulichen Einflussnahme und Machtausübung in der Kirche genutzt. Dabei agierten diese im innerkirchlichen Verwaltungsbereich und bedrohten mit ihren Einmischungen in die geistlichen Angelegenheiten die Souveränität der Kirche in ihrem innersten Bereich.Die Finanzabteilungen gerieten mit ihrer Tätigkeit nicht nur in den Brennpunkt kirchlicher Abwehrmaßnahmen, sondern auch zwischen die Fronten der nationalsozialistischen Kirchenpolitik. Hier waren sie ständig wechselnden kirchenpolitischen Konzeptionen ausgesetzt und mussten sich im polykratischen NS-Herrschaftsgefüge behaupten.Hauke Marahrens beleuchtet die praktische Tätigkeit der Finanzabteilungen anhand der Landeskirchen von Hannover, Braunschweig und Baden. Er zeigt auf, wie die Finanzabteilungen ihren Auftrag selbst ausdeuteten, welcher Methoden der Machtausübung sie sich bedienten, wie sie mit den staatlichen Stellen interagierten und welche Wirksamkeit sie in den Landeskirchen entfalten konnten. Mit diesem Werk erschließt Hauke Marahrens ein bisher stark vernachlässigtes historisches und kirchengeschichtliches Forschungsgebiet.