Rechtspluralismus in Äthiopien
Interdependenzen zwischen islamischem Recht und staatlichem Recht
Marie-Claire Foblets, Katrin Seidel
Die Region um das Horn von Afrika gehört zu den zehn größten muslimischen Regionen Afrikas. In Äthiopien, das zumindest im europäischen Bewusstsein bis heute als überwiegend christlich geprägtes Land gilt, haben sich bereits seit dem 7. Jahrhundert kontinuierlich muslimische Rechts- und Glaubensvorstellungen ausgebreitet. Die Föderale Demokratische Republik Äthiopien als einer der bedeutenden Akteure dieser Region ist nicht nur durch ethnische und religiöse Heterogenität, sondern auch durch eine Vielzahl an normativen Ordnungen geprägt und dient als Fallbeispiel dieser Untersuchung.
Gegenstand sind die verschiedenen normativen Ordnungen Äthiopiens mit ihren interdependenten Beziehungen und vielschichtigen wechselseitigen Adaptionsprozessen der Assimilierung und Akkommodation.
Mit Hilfe einer rechtspluralistischen Perspektive werden in dieser empirisch basierten Studie Erkenntnisse über die wechselseitigen Beziehungen zwischen staatlichem und islamischem Personalstatut und deren jeweils zuständigen gerichtlichen Institutionen, aber auch über die hybriden Konstellationen innerhalb der staatlich anerkannten islamischen Rechtsordnung Äthiopiens gewonnen.
Dabei geht die Autorin insbesondere den folgenden Fragestellungen nach:
Welche Normenkollisionen werden bei einer staatlichen Anerkennung islamischen Personalstatuts sichtbar und wie erfolgt der konkrete Umgang mit divergierenden Rechtsvorstellungen?
Wie erfolgt die Aufteilung von Rechten und Autorität zwischen den einzelnen normativen Ordnungen und deren Institutionen?
Welche konkreten rechtlich-institutionellen Mechanismen wurden entwickelt, um die im oben genannten Spannungsdreick entstehenden divergierenden Interessen auszubalancieren?
Über die Autorin:
Dr. Katrin Seidel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung ‚Recht & Ethnologie’ des Max-Planck-Instituts für Ethnologische Forschung, Halle/Saale.