Rücktritt und Normgeltung.
Zum Einfluss glaubwürdiger Umkehr auf die Rechtsfolgebestimmung.
Heike Wege
Nach geltendem Recht bleibt, wer vom Versuch einer Straftat zurücktritt, straflos. Obwohl schon viel darüber geschrieben worden ist, wie man dieses gesetzliche Privileg rechtsdogmatisch, wenigstens aber rechtspolitisch begründen soll, und noch mehr darüber, wie man die Rücktrittsvorschrift denn nun anwenden soll, sucht man eines vergebens: Eine Abhandlung, die den Rücktritt vom Versuch in ein System des positiven Nachtatverhaltens einbettet. Der Schlüssel zum Geheimnis der Straflosigkeit durch Nachtatverhalten liegt darin, dass der Täter hier selbst etwas leistet, was ansonsten allein der strafende Staat besorgt – zu zeigen, dass die gerade verletzte Norm trotz der Verletzung weiter gelten soll. Das Strafrechtssystem macht sich nicht nur den Normverstoß, sondern tatsächlich auch den Täter zunutze, um glaubwürdig erklären zu können: Die Rechtsordnung bleibt in Kraft!