Schritte auf einer abschüssigen Bahn
Das Archiv des öffentlichen Rechts (AöR) im Dritten Reich
Lothar Becker
Das Archiv des öffentlichen Rechts versteht sich seit seiner Gründung im Jahre 1885 als „Spiegelbild von dem jeweiligen Stande und den Fortschritten des Staats- und Verwaltungsrechts in Deutschland“. Für die Jahre 1933 bis 1944 liefert es ein differenziertes Abbild des Niedergangs der deutschen Staats- und Verwaltungsrechtslehre während des Dritten Reichs. Lothar Becker stellt die nach 1933 eingerichtete nationalsozialistische Schrifttums- und Wissenschaftsbürokratie und ihre Besonderheiten für den Bereich wissenschaftlicher Publikationen dar. Anschließend widmet er sich den konkreten Handlungszwängen und -spielräumen der Zeitschriftenverantwortlichen während des Dritten Reichs. Beginnend mit der Machtübergabe vom 30. Januar 1933 bis hin zur Einstellung der Zeitschrift aus kriegsbedingten Gründen Ende 1944 werden die zahlreichen Stufen der Anpassung an die neuen Verhältnisse von seiten des Verlags, der Herausgeber und Autoren herausgearbeitet: Den Schwerpunkt bilden dabei die Vorgänge innerhalb des ersten Jahres der nationalsozialistischen Herrschaft, denn unter der Leitung der ‚Weimarer Redaktion‘, Johannes Heckel, Heinrich Triepel, Otto Koellreutter und Rudolf Smend, wurden die entscheidenden Schritte der Selbstgleichschaltung der Zeitschrift und der Zerstörung der eigenen Disziplin unternommen. Die ausgewerteten Redaktionskorrespondenzen lassen den Drang zum tatkräftigen Mittun deutlich werden, der die überwiegende Zahl der Staatsrechtslehrer bereits wenige Wochen nach der Machtübergabe ergriff und bei vielen noch bis zum Zeitpunkt des sich ankündigenden Untergangs des Systems Mitte des zweiten Weltkrieges fortdauerte.