„Selber eine Lebensgeschichte zu schreiben“ – Hauschronik der Familie Bassermann
Ein Blick auf bildungsbürgerliches Leben im 19. Jahrhundert
Nina Bassermann, Franziska Bedorf, Wolfgang Bedorf, Joachim Kresin
„Vor vielen, vielen Jahren verbrachten wir so machen Wintersonnentag in gemeinschaftlicher Lektüre (…) um das trauliche Kaminfeuer versammelt, uns begeisternd an den herrlichen Schöpfungen unserer Dichter. So lasen wir auch ,Wahrheit und Dichtung‘ und sagten uns oft, dass unserer Jugendzeit nur ein Goethe fehle, um sie ebenso reizend zu schildern, dass unser Leben bis jetzt eben so reich gewesen als das des beneideten Dichters. Ganz heimlich dacht ich gar oft, selber eine Lebensgeschichte zu schreiben, schämte mich aber immer wieder meiner Vermessenheit, wenn ich an Goethe denke.“ So erinnert sich Mina Bassermann im Frühjahr 1877 an ihr heimliches Ansinnen, „selber eine Lebensgeschichte zu schreiben“. In den Jahren 1877 und 1878 setzte sie diese Idee in die Tat um. Das Ergebnis ist die „Haus-Chronik“ der Familie Bassermann.
Neben ihren eigenen tagebuchartigen Aufzeichnungen hat Mina Bassermann darin die Geschichte ihrer Familie über hundert Jahre nachgezeichnet. Beginnend in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts folgt sie ihren Vorfahren und trägt Fragmente und Anekdoten über deren Leben zusammen. Sie porträtiert Personen in ihren Beziehungen, Zeitumstände und Städte, insbesondere Mannheim und Schwetzingen, streift politische und gesellschaftliche Entwicklungen und Umbrüche und schildert nicht zuletzt auch ihr eigenes Leben.
Die Haus-Chronik eröffnet den Blick in eine Welt, die der unseren zunächst sehr ähnlich zu sein scheint und doch ihre ganz eigenen Normen, Werte und Regeln hatte. Sie ist die ganz persönliche Erzählung einer jungen Frau und zugleich eine Innensicht auf das Bürgertum des 19. Jahrhunderts.