Selbst-Bildung
Die Perspektive der Anthropoästhetik
Andreas Steffens
Das Ende der Anthropologie in den Katastrophen der neueren Geschichte ist kein Ende des Nachdenkens über das Menschsein. In der Leere, die das Verschwinden ‚des‘ Menschen in seiner Geschichte hinterließ, rückt die Kunst ins Zentrum anthropologischer Nachdenklichkeit. Im Bildgedächtnis der Menschheit liegt ein Schlüssel zu ihrer Erkenntnis ebenso wie zu ihrer Wirklichkeit. Was wir sind, zeigt sich in dem, was wir bilden. Wir sind, wie wir zeigen, was wir erfahren. Was wir erfahren, zeigt, in welcher Welt wir ’sind‘. Die „Anthropoästhetik“ legt als philosophische Disziplin einer Integration von Anthropologie und Ästhetik frei, was die als gestaltete Selbstwahrnehmungen von Menschen in ihrem Weltdasein verstandenen Werke der Kunst an Menschenverständnis bergen. Sie führt von der Wahrnehmung der Werke des Menschen zur Wahrnehmung des Menschen in seinen Werken. In ihrer gemeinsamen Leitkategorie der „Selbst-Bildung“ konvergieren „Anthropoästhetik“ und „Künstlerische Bildung“. Die Erkenntnis des Menschen aus seinen Werken der Kunst dort, wird hier zur Selbsterkenntnis des Einzelnen, die ihm ermöglicht, das größte aller Menschenwerke hervorzubringen: sich selbst. Damit ist die „Anthropoästhetik“ die ästhetische Fassung einer „Ontoanthropologie“, die das Menschsein von seiner elementaren Aufgabe und Leistung der Weltbildung her erschließt.