Theater im Medienzeitalter
Das postdramatische Theater von Elfriede Jelinek und Heiner Müller
Dagmar Jaeger
Mit der vorliegenden Studie legt Dagmar Jaeger eine umfassende Untersuchung der Theatertexte Elfriede Jelineks und Heiner Müllers vor. Auf dem Hintergrund der geschichtsphilosophischen Analysen Walter Benjamins sowie seiner und u.a. Jean Baudrillards Arbeit zur Veränderung der Wahrnehmung im Zeitalter der Medienkultur arbeitet die Autorin eine Poetik des zeitgenössischen Theaters – des Postdramas – heraus und bietet eine Analyse des politischen Theaters an. Jelineks und Müllers postdramatische Texte stellen ihre Konstruktion und Fiktionalität zur Schau, die jenseits des Dramatischen, d.h. jenseits der Mimesis, des authentischen Spiels und eines sich logisch entfaltenden Handlungsgeschehens angesiedelt sind. Damit enthüllen die Theatertexte mediale Wahrnehmungsmuster, die den Faschismus transportieren und zielen auf die Sichtbarmachung der Konstruktion von Sinn, Geschichte und Subjektivität ab, die von den Bildmedien durch die zunehmende Auflösung von Realität und Fiktion gerade verwischt werden. Beide Schriftsteller schaffen ein Theater als Ort des Eingedenkens und schreiben gegen einen offiziellen Geschichtsdiskurs, der jegliche Verbindungen zur nationalsozialistischen Vergangenheit abgeschnitten hat. Mit der Poetik der Zitatmontage à la Benjamin reaktualisieren beide Dramatiker die Vergangenheit in der Gegenwart und unterziehen die Zitate durch den neu entstandenen Zusammenhang einer Revision. Das postdramatische Theater von Elfriede Jelinek und Heiner Müller erhebt den Rezipienten zum Bedeutungsproduzenten: Vergangenheit und Subjektivität können jenseits offiziell vorgeformter Diskurse und Bilder gelesen und interpretiert werden.