Theo Wetterau Ein Fotograf in Hildesheim
Bild und Entwicklung der Stadt zwischen 1928 und 1978
Sven Abromeit, Rainer Breda, Bruno Gerstenberg, Maike Kozok, Hans-Jürgen Tast
Erst ein Blick auf die detailreichen Aufnahmen des Fotografen Theo Wetterau (1913-1990) macht deutlich, in welchem Zustand sich Hildesheim vor und nach der verheerenden Zerstörung im März 1945 und in den Jahren danach befand. Denn die Fotos zeigen nicht nur die uns allzu gut bekannten Bilder der Verwüstung, sondern sie dokumentieren auch, in welcher Weise die Stadt mit ihrer verbliebenen Bausubstanz umging und versuchte, neue Wege hin zum Stadtbild einer vermeintlich modernen Großstadt zu beschreiten.Anhand unzähliger Bilderserien, teilweise in Abständen von nur wenigen Tagen erstellt, zeigen diese Fotos die rasante Veränderung der Straßen und Häuser. Sie vermitteln eindrucksvoll die Atmosphäre der Wiederaufbauphase der 50er-Jahre und bieten einen faszinierenden Einblick in das sich wandelnde Gesicht der Stadt Hildesheim. Überraschend ist, wie viele Bauten trotz der massiven Zerstörung noch standen – einige recht gut erhalten – andere nur bis auf die Umfassungsmauern zerstört. Dennoch wurden viele aufgegeben, um Straßendurchbrüchen und Neubauten Platz zu machen. Diese Aufnahmen verdeutlichen, wie die Stadt sich selbst sehen wollte: als eine moderne, der Zukunft aufgeschlossene selbstbewusste Gemeinde, die Großstadt werden wollte und wurde.Mit seiner geliebten Kleinbild-Leica fotografierte Theo Wetterau vorwiegend in schwarzweiß, ab den 60er-Jahren dann mit seiner Linhof- Technika im Format von 6 x 9 cm gelegentlich auch in Farbe. Waghalsig kletterte Wetterau auf die Ruinen, er bestieg die im Entstehen begriffenen Kirchtürme und hielt auf diese Weise der Nachwelt die so nachhaltig prägende historische Phase fest.Wetterau hatte seine Kamera aber nicht nur auf geschichtliche Ereignisse oder städtebauliche Motive, sondern auch auf die vermeintlich unwichtigen Dinge des alltäglichen Lebens gerichtet. Oft eindringlicher als Worte vermögen solche Bilder Einblicke in die Wirklichkeit zu geben und Begebenheiten und Personen die ihnen gebührende Aufmerksamkeit zu schenken, die sonst vielleicht spurlos verloren gegangen wären.Der Fotobestand von Theo Wetterau ging nach seiner Pensionierung als „Wetterau-Archiv“ in den Besitz der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung über. Im Juni 2007 hat der Verlag damit im Stadtarchiv Hildesheim einen Depositalbestand zur weiteren Aufbewahrung eingerichtet (Best. 979-3). Dieser bislang nur in Auszügen veröffentlichte, über 30 000 Negative zählende Bestand der Jahre 1930 bis 1978 wird in diesem Band erstmals in einer repräsentativen Auswahl aussagekräftiger Fotos vorgestellt und kommentiert. Sie sollen dazu anregen, die Einzigartigkeit der künstlerischen Wahrnehmung dieses bislang eher unbekannten Fotografen und die hohe ästhetische Qualität seiner Bilder zu entdecken.