Unverloren
Weitere Geschichten aus Czernowitz und aus der sibirischen Verbannung
Margit Bartfeld-Feller, Peter Rychlo, Erhard R Wiehn
Erinnerungen an die Schrecken der sibirischen Verbannung
(Rezension von Markus Bauer in der
„Neuen Zürcher Zeitung“ vom 24.8.2005, Seite 42)
. Wolfenhaut erwähnt ein Mädchen aus der Czernowitzer Goethegasse, das ebenfalls mit seiner Familie in dem langen Güterzug an den Wassjugan deportiert wurde. Auch Margit Bartfeld-Feller hat erst nach fünfzig Jahren die Sowjetunion verlassen können und ist nach Israel gegangen, wo sie ihre bemerkenswerten Erlebnisse in der Zeitschrift der Alt-Czernowitzer, ‚Die Stimme‘, in kleinen Erzählungen veröffentlichte. Ganz anders als der seine Texte durch historische Literatur belegende und die sowjetische Diktatur scharf anklagende Wolfenhaut schreibt Bartfeld-Feller aus einer vitalen Erinnerung an die prägende Zeit in Czernowitz. Tief in ihrem Gemüt verborgen, sind es die Kindheits- und Jugenderlebnisse in der Familie und die engen Freundschaften, die eine ungebrochene Lebenskraft in ihr freisetzen. Sie lassen die junge Frau in Sibirien den Tod des Vaters, die schwere körperliche Arbeit, Hunger, Krankheiten und Diskriminierung überstehen.
In Czernowitz war sie mit der im Holocaust von Transnistrien an Typhus gestorbenen Dichterin Selma Meerbaum-Eisinger in einer Klasse. In Bartfeld-Feller Familie rezitierte der jiddische Dichter Elieser Steinbarg seine Kinderlieder, Itzig Manger las auf sommerlichen Ausflügen nach Kimpolung und Dorna Watra in der Südbukowina seine jiddischen Verse. Sie selbst musizierte und war eine ansprechende Pianistin. Alles setzt sie daran, in der Verbannung mit der Mutter und ihrem Ehemann Kurt Feller den Kontakt zu den Czernowitzern unter den aus vielen Gegenden der Sowjetunion Deportierten zu erhalten und zugleich neben der schweren körperlichen Arbeit im Wald, in Fabriken, auf dem Fluss die alten Gewohnheiten zu bewahren, zu lesen, zu singen und zu musizieren. Die junge Frau wird Musiklehrerin und kann sich später in Tomsk mit ihrem Mann niederlassen. Sie berichtet von Reisen in der Sowjetunion, auch nach Czernowitz, das Wolfenhaut nie wieder gesehen hat. Mit Mutter und Tochter gelingt ihr spät die Ausreise nach Israel. Sie bildet nun so etwas wie ein Zentrum der weltweit vernetzten Czernowitzer Überlebenden der Sibirien-Verbannung.