Wandel der Funktionen des UN-Generalsekretärs.
Jan Conrady
Der Generalsekretär der Vereinten Nationen wird in der Öffentlichkeit als wichtigster Repräsentant der Organisation wahrgenommen. Wie keine andere Einzelperson personifiziert der Amtsinhaber die Ziele und Ideale der Vereinten Nationen.
Diese Wahrnehmung greift jedoch zu kurz und ist der Ursprung vieler Fehleinschätzungen: Die Vereinten Nationen bestehen als Internationale Organisation aus der Gesamtheit ihrer Mitglieder und handeln durch ihre Organe, d.h. die Mitgliedstaaten bedienen sich bei der Verfolgung der in der Charta festgelegten Ziele der von ihnen geschaffenen Einrichtungen.
Die geringe normative Ausprägung des Sekretariats und des Generalsekretärs in der UN-Charta im Vergleich zu den Bestimmungen bezüglich der übrigen Hauptorgane der Vereinten Nationen verhindert eine eindeutige Bestimmung der Stellung des Generalsekretärs. Je nach Persönlichkeit des Amtsinhabers und den politischen Rahmenbedingungen ist diese stärker oder auch schwächer. Somit bewegt sich der Wandel der Funktionen des UN-Generalsekretärs im Spannungsfeld zwischen völkerrechtlicher Normanalyse einerseits und organisationsinterner Entwicklung andererseits. Insgesamt lässt sich feststellen, dass sich zwar das Aufgabenspektrum des Generalsekretärs erweitert hat, die normativen Regelungsinstrumente jedoch vor dem Hintergrund dieser Entwicklung kein ausreichendes Äquivalent mehr darstellen.