Wissenschaft und Religion in Mesmerismusdiskursen des 19. Jahrhunderts
Ein Beitrag zum Religionsbegriff und zur Entstehung moderner Spiritualität
Klaus Brand
Ende des 18. Jahrhunderts wurde von Franz Anton Mesmer der ‚animalische Magnetismus‘ als wissenschaftliche Heilmethode eingeführt. Zu Beginn stand diese inmitten der für lange Zeit unabgeschlossenen Auseinandersetzungen um Wissenschaftlichkeit. Schon um die Jahrhundertwende wurde er allerdings in religiösen Strömungen und dem Spiritismus rezipiert, was aber nur eine der vielen Facetten der Rezeptionsgeschichte des Mesmerismus ist. Das Grenzgebiet zwischen Wissenschaft und Religion wird dabei ganz besonders in der Verarbeitung innerhalb der Literatur des 19. Jahrhunderts deutlich. Die Darstellung der Mesmerismusdiskurse ist ein religionswissenschaftlicher Beitrag zur kritischen Auseinandersetzung mit aktuellen Religionsbegriffen. Viele Aspekte so genannter ‚alternativer Religion‘ und ‚populärer Spiritualität‘, die als besonders gegenwartstypisch angesehen werden, finden sich schon im Mesmerismus. Dieser wird somit nicht erst durch die Rezeption im Spiritismus zu einer wichtigen Strömung in der Ausbildung moderner Spiritualität. Unsere Gegenwartsreligiosität erscheint weniger neu und anders, als es häufig den Anschein hat. In der vorliegenden Arbeit wird mit Hilfe eines multiperspektivischen Vorgehens für die deutschsprachige Religionswissenschaft erstmalig ein literaturwissenschaftlich-kulturpoetischer Ansatz im Anschluss an den New Historicism ausführlicher ausgearbeitet und angewendet.