Zwischen Machtstaat und Völkerbund. Erich Kaufmann (1880-1972)
Frank Degenhardt
Mit Erich Kaufmann (1880-1972) hat sich die zeithistorische Forschung vor allem als Protagonisten der „geisteswissenschaftlichen Richtung“ in der Weimarer Staatsrechtslehre beschäftigt. Sein Beitrag zu Völkerrechtslehre und -praxis ist hingegen weitgehend unerforscht. Die völkerrechtliche Gegenwartsliteratur nimmt ihn vorrangig als Vertreter einer spätwilhelminischen Machtstaatslehre wahr, in Abgrenzung zu den „modernen“ Völkerrechtslehren insbesondere der Wiener Schule.
Die Studie widmet sich den von der Forschung bislang vernachlässigten Seiten Kaufmanns als Völkerrechtslehrer und Praktiker. Dabei wird zunächst die Entwicklung seines Völkerrechtskonzepts aus seinem spezifischen Staats- und Rechtsverständnis heraus beschrieben und anhand klassischer Indikatoren im zeitgenössischen Diskurs verortet. In einem weiteren Schritt wird anhand ausgewählter Praxisbeispiele der Grad der Umsetzung seiner methodischen Überzeugungen analysiert. Verklammert werden die rechtstheoretischen und völkerrechtspraktischen Kapitel durch eine wissenschafts- und universitätsgeschichtliche Darstellung des Dauerkonflikts von praktischer und akademischer Tätigkeit.