Die Aufklärung entsteht in der ständischen Gesellschaft und hebt sie schließlich auf, indem sie den Raum des lateinischen Wissens für alle öffnet. Konkret: Der gelehrte Stand der lateinisch Ausgebildeten will den Raum seines Wissens für alle öffnen. Die Studierten verändern die Zirkulation des Wissens zwischen ihnen selbst und den Unstudierten, aber auch zwischen Regierung und Öffentlichkeit. Sie verändern die Ausbildung an den Universitäten, indem sie aus dem flottierenden Wissen aller Autoren die eine Wissenschaft der Kundigen machen. Sie verändern den Umgang mit Wissen, indem sie es unterhaltend, ja sogar bildend gestalten, um auch die Freizeit zu bewirtschaften. Sie verändern die Vermarktung des Wissens, indem sie die Expansion des Büchermarktes so lange unterstützen, bis der kapitalistische Kommerz überhandnimmt. Durch diese Bemühungen differenziert sich der Raum des lateinischen Wissens („die gelehrte Republik“) in die modernen Subsysteme: das Bildungswesen, die Öffentlichkeit, die Wissenschaft. Zugleich verändern diese Bemühungen auch die Qualität des Wissens, das nunmehr als unendlich verbesserungsbedürftig begrüßt und begriffen wird. So transformieren die Institutionen, Medien und Praktiken der Aufklärung die ständische Gesellschaft zur modernen Wissensgesellschaft mit ihrem Glauben an den Fortschritt.
Heinrich Bosse ist seit Jahrzehnten einer der renommiertesten deutschen Aufklärungsforscher. Er war bis 2002 als Akademischer Rat am Deutschen Seminar der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg tätig. Zu seinen Veröffentlichungen zählen neben zahlreichen Aufsätzen u.a. die folgenden Bücher: Autorschaft ist Werkherrschaft. Über die Entstehung des Urheberrechts aus dem Geist der Goethezeit (1981). 2. Aufl. Paderborn 2014; zusammen mit Ursula Renner (Hg.): Literaturwissenschaft – Einführung in ein Sprachspiel (1999). 2. Aufl. Freiburg 2010; zusammen mit Harald Neumeyer: „Da blüht der Winter schön“. Musensohn und Wanderlied um 1800. Freiburg i. Br. 1995. Wichtige Aufsätze von Heinrich Bosse enthält der Band Bildungsrevolution 1770–1830. Hg. mit einem Gespräch von Nacim Ghanbari. Heidelberg 2012.
Aktualisiert: 2023-06-30
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Die Aufklärung entsteht in der ständischen Gesellschaft und hebt sie schließlich auf, indem sie den Raum des lateinischen Wissens für alle öffnet. Konkret: Der gelehrte Stand der lateinisch Ausgebildeten will den Raum seines Wissens für alle öffnen. Die Studierten verändern die Zirkulation des Wissens zwischen ihnen selbst und den Unstudierten, aber auch zwischen Regierung und Öffentlichkeit. Sie verändern die Ausbildung an den Universitäten, indem sie aus dem flottierenden Wissen aller Autoren die eine Wissenschaft der Kundigen machen. Sie verändern den Umgang mit Wissen, indem sie es unterhaltend, ja sogar bildend gestalten, um auch die Freizeit zu bewirtschaften. Sie verändern die Vermarktung des Wissens, indem sie die Expansion des Büchermarktes so lange unterstützen, bis der kapitalistische Kommerz überhandnimmt. Durch diese Bemühungen differenziert sich der Raum des lateinischen Wissens („die gelehrte Republik“) in die modernen Subsysteme: das Bildungswesen, die Öffentlichkeit, die Wissenschaft. Zugleich verändern diese Bemühungen auch die Qualität des Wissens, das nunmehr als unendlich verbesserungsbedürftig begrüßt und begriffen wird. So transformieren die Institutionen, Medien und Praktiken der Aufklärung die ständische Gesellschaft zur modernen Wissensgesellschaft mit ihrem Glauben an den Fortschritt.
Heinrich Bosse ist seit Jahrzehnten einer der renommiertesten deutschen Aufklärungsforscher. Er war bis 2002 als Akademischer Rat am Deutschen Seminar der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg tätig. Zu seinen Veröffentlichungen zählen neben zahlreichen Aufsätzen u.a. die folgenden Bücher: Autorschaft ist Werkherrschaft. Über die Entstehung des Urheberrechts aus dem Geist der Goethezeit (1981). 2. Aufl. Paderborn 2014; zusammen mit Ursula Renner (Hg.): Literaturwissenschaft – Einführung in ein Sprachspiel (1999). 2. Aufl. Freiburg 2010; zusammen mit Harald Neumeyer: „Da blüht der Winter schön“. Musensohn und Wanderlied um 1800. Freiburg i. Br. 1995. Wichtige Aufsätze von Heinrich Bosse enthält der Band Bildungsrevolution 1770–1830. Hg. mit einem Gespräch von Nacim Ghanbari. Heidelberg 2012.
Aktualisiert: 2023-06-30
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Die Aufklärung entsteht in der ständischen Gesellschaft und hebt sie schließlich auf, indem sie den Raum des lateinischen Wissens für alle öffnet. Konkret: Der gelehrte Stand der lateinisch Ausgebildeten will den Raum seines Wissens für alle öffnen. Die Studierten verändern die Zirkulation des Wissens zwischen ihnen selbst und den Unstudierten, aber auch zwischen Regierung und Öffentlichkeit. Sie verändern die Ausbildung an den Universitäten, indem sie aus dem flottierenden Wissen aller Autoren die eine Wissenschaft der Kundigen machen. Sie verändern den Umgang mit Wissen, indem sie es unterhaltend, ja sogar bildend gestalten, um auch die Freizeit zu bewirtschaften. Sie verändern die Vermarktung des Wissens, indem sie die Expansion des Büchermarktes so lange unterstützen, bis der kapitalistische Kommerz überhandnimmt. Durch diese Bemühungen differenziert sich der Raum des lateinischen Wissens („die gelehrte Republik“) in die modernen Subsysteme: das Bildungswesen, die Öffentlichkeit, die Wissenschaft. Zugleich verändern diese Bemühungen auch die Qualität des Wissens, das nunmehr als unendlich verbesserungsbedürftig begrüßt und begriffen wird. So transformieren die Institutionen, Medien und Praktiken der Aufklärung die ständische Gesellschaft zur modernen Wissensgesellschaft mit ihrem Glauben an den Fortschritt.
Heinrich Bosse ist seit Jahrzehnten einer der renommiertesten deutschen Aufklärungsforscher. Er war bis 2002 als Akademischer Rat am Deutschen Seminar der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg tätig. Zu seinen Veröffentlichungen zählen neben zahlreichen Aufsätzen u.a. die folgenden Bücher: Autorschaft ist Werkherrschaft. Über die Entstehung des Urheberrechts aus dem Geist der Goethezeit (1981). 2. Aufl. Paderborn 2014; zusammen mit Ursula Renner (Hg.): Literaturwissenschaft – Einführung in ein Sprachspiel (1999). 2. Aufl. Freiburg 2010; zusammen mit Harald Neumeyer: „Da blüht der Winter schön“. Musensohn und Wanderlied um 1800. Freiburg i. Br. 1995. Wichtige Aufsätze von Heinrich Bosse enthält der Band Bildungsrevolution 1770–1830. Hg. mit einem Gespräch von Nacim Ghanbari. Heidelberg 2012.
Aktualisiert: 2023-06-30
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Die Aufklärung entsteht in der ständischen Gesellschaft und hebt sie schließlich auf, indem sie den Raum des lateinischen Wissens für alle öffnet. Konkret: Der gelehrte Stand der lateinisch Ausgebildeten will den Raum seines Wissens für alle öffnen. Die Studierten verändern die Zirkulation des Wissens zwischen ihnen selbst und den Unstudierten, aber auch zwischen Regierung und Öffentlichkeit. Sie verändern die Ausbildung an den Universitäten, indem sie aus dem flottierenden Wissen aller Autoren die eine Wissenschaft der Kundigen machen. Sie verändern den Umgang mit Wissen, indem sie es unterhaltend, ja sogar bildend gestalten, um auch die Freizeit zu bewirtschaften. Sie verändern die Vermarktung des Wissens, indem sie die Expansion des Büchermarktes so lange unterstützen, bis der kapitalistische Kommerz überhandnimmt. Durch diese Bemühungen differenziert sich der Raum des lateinischen Wissens („die gelehrte Republik“) in die modernen Subsysteme: das Bildungswesen, die Öffentlichkeit, die Wissenschaft. Zugleich verändern diese Bemühungen auch die Qualität des Wissens, das nunmehr als unendlich verbesserungsbedürftig begrüßt und begriffen wird. So transformieren die Institutionen, Medien und Praktiken der Aufklärung die ständische Gesellschaft zur modernen Wissensgesellschaft mit ihrem Glauben an den Fortschritt.
Heinrich Bosse ist seit Jahrzehnten einer der renommiertesten deutschen Aufklärungsforscher. Er war bis 2002 als Akademischer Rat am Deutschen Seminar der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg tätig. Zu seinen Veröffentlichungen zählen neben zahlreichen Aufsätzen u.a. die folgenden Bücher: Autorschaft ist Werkherrschaft. Über die Entstehung des Urheberrechts aus dem Geist der Goethezeit (1981). 2. Aufl. Paderborn 2014; zusammen mit Ursula Renner (Hg.): Literaturwissenschaft – Einführung in ein Sprachspiel (1999). 2. Aufl. Freiburg 2010; zusammen mit Harald Neumeyer: „Da blüht der Winter schön“. Musensohn und Wanderlied um 1800. Freiburg i. Br. 1995. Wichtige Aufsätze von Heinrich Bosse enthält der Band Bildungsrevolution 1770–1830. Hg. mit einem Gespräch von Nacim Ghanbari. Heidelberg 2012.
Aktualisiert: 2023-06-29
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Die Aufklärung entsteht in der ständischen Gesellschaft und hebt sie schließlich auf, indem sie den Raum des lateinischen Wissens für alle öffnet. Konkret: Der gelehrte Stand der lateinisch Ausgebildeten will den Raum seines Wissens für alle öffnen. Die Studierten verändern die Zirkulation des Wissens zwischen ihnen selbst und den Unstudierten, aber auch zwischen Regierung und Öffentlichkeit. Sie verändern die Ausbildung an den Universitäten, indem sie aus dem flottierenden Wissen aller Autoren die eine Wissenschaft der Kundigen machen. Sie verändern den Umgang mit Wissen, indem sie es unterhaltend, ja sogar bildend gestalten, um auch die Freizeit zu bewirtschaften. Sie verändern die Vermarktung des Wissens, indem sie die Expansion des Büchermarktes so lange unterstützen, bis der kapitalistische Kommerz überhandnimmt. Durch diese Bemühungen differenziert sich der Raum des lateinischen Wissens („die gelehrte Republik“) in die modernen Subsysteme: das Bildungswesen, die Öffentlichkeit, die Wissenschaft. Zugleich verändern diese Bemühungen auch die Qualität des Wissens, das nunmehr als unendlich verbesserungsbedürftig begrüßt und begriffen wird. So transformieren die Institutionen, Medien und Praktiken der Aufklärung die ständische Gesellschaft zur modernen Wissensgesellschaft mit ihrem Glauben an den Fortschritt.
Heinrich Bosse ist seit Jahrzehnten einer der renommiertesten deutschen Aufklärungsforscher. Er war bis 2002 als Akademischer Rat am Deutschen Seminar der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg tätig. Zu seinen Veröffentlichungen zählen neben zahlreichen Aufsätzen u.a. die folgenden Bücher: Autorschaft ist Werkherrschaft. Über die Entstehung des Urheberrechts aus dem Geist der Goethezeit (1981). 2. Aufl. Paderborn 2014; zusammen mit Ursula Renner (Hg.): Literaturwissenschaft – Einführung in ein Sprachspiel (1999). 2. Aufl. Freiburg 2010; zusammen mit Harald Neumeyer: „Da blüht der Winter schön“. Musensohn und Wanderlied um 1800. Freiburg i. Br. 1995. Wichtige Aufsätze von Heinrich Bosse enthält der Band Bildungsrevolution 1770–1830. Hg. mit einem Gespräch von Nacim Ghanbari. Heidelberg 2012.
Aktualisiert: 2023-06-29
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Das Intelligenzblatt galt vor dreihundert Jahren als so geniale Erfindung wie heute das Internet, in dem Suchmaschinen die unterschiedlichsten Bedürfnisse noch effizienter zusammenführen als dies erstmals durch die Intelligenzblätter geschah.
Diese Studie stellt die seit 1722 entstandene publizistische Gattung der gut 200 Intelligenz- oder Anzeigenblätter des aufgeklärten Säkulums vor. Innerhalb weniger Jahrzehnte präsentieren sie sich überall im deutschen Sprachraum in größter Vielfalt und als Hilfsmittel für das gesamte Alltagsleben. In ihnen ist kein Bereich der menschlichen Existenz und des zeitgenössischen Wissens ausgeschlossen, sie sind dem Gemeinnutz und der Aufklärung für jedermann verpflichtet. Nebst dem Kalender sprechen sie als erstes Periodikum Leser aller Art an. Ihre kommunikations-, medien- und kulturgeschichtliche Bedeutung ist kaum zu überschätzen.
Beginnend bei den profanen Dingen des Alltagslebens bis zu den anspruchsvollsten, aber allgemeinverständlich vorgebrachten philosophischen Überlegungen – beispielsweise eines Immanuel Kant im Königsberger Intelligenzblatt –, von der Vermittlung neuer naturkundlicher Kenntnisse bis zu praxisnahen Ratschlägen und Informationen für die Land- und Hauswirtschaft oder zur Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten, ist in ihnen eine Revolution der Wissensvermittlung zu erkennen: Neues Wissen soll zum Allgemeingut werden. Zugleich führen die Aufklärer hier die großen Debatten des aufgeklärten Säkulums: Was ist unter Aufklärung zu verstehen? Wie weit und auf auf welche Teile der Bevölkerung soll sie sich erstrecken? Wie kann die ständische Gesellschaft durch die Abschaffung von Leibeigenschaft und Fronarbeit gemeinsam mit der wenig leistungsfähigen Landwirtschaft so reformiert werden, dass die Ernährung der Bevölkerung nicht bei jeder Wetterunbill gefährdet ist? Wie ist das Bildungswesen so umzugestalten, dass es der Bedeutung einer guten Ausbildung für den einzelnen wie für die gesamte Gesellschaft gerecht wird?
Im Intelligenzblatt als Medium der praktischen Aufklärung ist um die Mitte des 18. Jahrhunderts mit der Entdeckung der arbeitenden Stände – des Volkes – und deren Bedeutung für die gesellschaftliche Weiterentwicklung die Entstehung der Volksaufklärungund mit ihr der Beginn einer intensiven Volkskunde zu verfolgen. Gemeinsam mit der aufklärerischen Zeitschriftenpublizistik und den gemeinnützig-ökonomischen Gesellschaften verbinden sich die Intelligenzblätter zu dem Netzwerk einer regelrechten Bürgerbewegung, in der praktisch-gemeinnütziges Engagement organisiert und die Debatte über gesellschaftliche Strukturen und wünschenswerte Reformen geführt wird. Hier werden in der Selbstermächtigung eines neuen Lesepublikums Vorstellungen zur Weiterentwicklung und Überwindung der ständischen Gesellschaft formuliert. Einige Intelligenzblätter erinnern mit ihren Inhaltsverzeichnissen an die Tagesordnungen erster Parlamente im 19. Jahrhundert.
Intelligenzblätter stellen die ersten Druckmedien dar, die sich direkt auf den Ort beziehen, in dem sie erschienen, vielfach stellen sie den Anfang der örtlichen Presse und der lokalen Berichterstattung dar. Ihr Beitrag zur Entstehung einer städtischen und regionalen Öffentlichkeit, in die mehr und mehr alle Bevölkerungsgruppen einbezogen werden, ist ebenso bedeutsam wie ihre Einbindung in das nationale Netzwerk der praktischen Aufklärung.
Aktualisiert: 2023-01-31
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Das Intelligenzblatt galt vor dreihundert Jahren als so geniale Erfindung wie heute das Internet, in dem Suchmaschinen die unterschiedlichsten Bedürfnisse noch effizienter zusammenführen als dies erstmals durch die Intelligenzblätter geschah.
Diese Studie stellt die seit 1722 entstandene publizistische Gattung der gut 200 Intelligenz- oder Anzeigenblätter des aufgeklärten Säkulums vor. Innerhalb weniger Jahrzehnte präsentieren sie sich überall im deutschen Sprachraum in größter Vielfalt und als Hilfsmittel für das gesamte Alltagsleben. In ihnen ist kein Bereich der menschlichen Existenz und des zeitgenössischen Wissens ausgeschlossen, sie sind dem Gemeinnutz und der Aufklärung für jedermann verpflichtet. Nebst dem Kalender sprechen sie als erstes Periodikum Leser aller Art an. Ihre kommunikations-, medien- und kulturgeschichtliche Bedeutung ist kaum zu überschätzen.
Beginnend bei den profanen Dingen des Alltagslebens bis zu den anspruchsvollsten, aber allgemeinverständlich vorgebrachten philosophischen Überlegungen – beispielsweise eines Immanuel Kant im Königsberger Intelligenzblatt –, von der Vermittlung neuer naturkundlicher Kenntnisse bis zu praxisnahen Ratschlägen und Informationen für die Land- und Hauswirtschaft oder zur Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten, ist in ihnen eine Revolution der Wissensvermittlung zu erkennen: Neues Wissen soll zum Allgemeingut werden. Zugleich führen die Aufklärer hier die großen Debatten des aufgeklärten Säkulums: Was ist unter Aufklärung zu verstehen? Wie weit und auf auf welche Teile der Bevölkerung soll sie sich erstrecken? Wie kann die ständische Gesellschaft durch die Abschaffung von Leibeigenschaft und Fronarbeit gemeinsam mit der wenig leistungsfähigen Landwirtschaft so reformiert werden, dass die Ernährung der Bevölkerung nicht bei jeder Wetterunbill gefährdet ist? Wie ist das Bildungswesen so umzugestalten, dass es der Bedeutung einer guten Ausbildung für den einzelnen wie für die gesamte Gesellschaft gerecht wird?
Im Intelligenzblatt als Medium der praktischen Aufklärung ist um die Mitte des 18. Jahrhunderts mit der Entdeckung der arbeitenden Stände – des Volkes – und deren Bedeutung für die gesellschaftliche Weiterentwicklung die Entstehung der Volksaufklärungund mit ihr der Beginn einer intensiven Volkskunde zu verfolgen. Gemeinsam mit der aufklärerischen Zeitschriftenpublizistik und den gemeinnützig-ökonomischen Gesellschaften verbinden sich die Intelligenzblätter zu dem Netzwerk einer regelrechten Bürgerbewegung, in der praktisch-gemeinnütziges Engagement organisiert und die Debatte über gesellschaftliche Strukturen und wünschenswerte Reformen geführt wird. Hier werden in der Selbstermächtigung eines neuen Lesepublikums Vorstellungen zur Weiterentwicklung und Überwindung der ständischen Gesellschaft formuliert. Einige Intelligenzblätter erinnern mit ihren Inhaltsverzeichnissen an die Tagesordnungen erster Parlamente im 19. Jahrhundert.
Intelligenzblätter stellen die ersten Druckmedien dar, die sich direkt auf den Ort beziehen, in dem sie erschienen, vielfach stellen sie den Anfang der örtlichen Presse und der lokalen Berichterstattung dar. Ihr Beitrag zur Entstehung einer städtischen und regionalen Öffentlichkeit, in die mehr und mehr alle Bevölkerungsgruppen einbezogen werden, ist ebenso bedeutsam wie ihre Einbindung in das nationale Netzwerk der praktischen Aufklärung.
Aktualisiert: 2023-04-13
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Die Aufklärung entsteht in der ständischen Gesellschaft und hebt sie schließlich auf, indem sie den Raum des lateinischen Wissens für alle öffnet. Konkret: Der gelehrte Stand der lateinisch Ausgebildeten will den Raum seines Wissens für alle öffnen. Die Studierten verändern die Zirkulation des Wissens zwischen ihnen selbst und den Unstudierten, aber auch zwischen Regierung und Öffentlichkeit. Sie verändern die Ausbildung an den Universitäten, indem sie aus dem flottierenden Wissen aller Autoren die eine Wissenschaft der Kundigen machen. Sie verändern den Umgang mit Wissen, indem sie es unterhaltend, ja sogar bildend gestalten, um auch die Freizeit zu bewirtschaften. Sie verändern die Vermarktung des Wissens, indem sie die Expansion des Büchermarktes so lange unterstützen, bis der kapitalistische Kommerz überhandnimmt. Durch diese Bemühungen differenziert sich der Raum des lateinischen Wissens („die gelehrte Republik“) in die modernen Subsysteme: das Bildungswesen, die Öffentlichkeit, die Wissenschaft. Zugleich verändern diese Bemühungen auch die Qualität des Wissens, das nunmehr als unendlich verbesserungsbedürftig begrüßt und begriffen wird. So transformieren die Institutionen, Medien und Praktiken der Aufklärung die ständische Gesellschaft zur modernen Wissensgesellschaft mit ihrem Glauben an den Fortschritt.
Heinrich Bosse ist seit Jahrzehnten einer der renommiertesten deutschen Aufklärungsforscher. Er war bis 2002 als Akademischer Rat am Deutschen Seminar der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg tätig. Zu seinen Veröffentlichungen zählen neben zahlreichen Aufsätzen u.a. die folgenden Bücher: Autorschaft ist Werkherrschaft. Über die Entstehung des Urheberrechts aus dem Geist der Goethezeit (1981). 2. Aufl. Paderborn 2014; zusammen mit Ursula Renner (Hg.): Literaturwissenschaft – Einführung in ein Sprachspiel (1999). 2. Aufl. Freiburg 2010; zusammen mit Harald Neumeyer: „Da blüht der Winter schön“. Musensohn und Wanderlied um 1800. Freiburg i. Br. 1995. Wichtige Aufsätze von Heinrich Bosse enthält der Band Bildungsrevolution 1770–1830. Hg. mit einem Gespräch von Nacim Ghanbari. Heidelberg 2012.
Aktualisiert: 2022-04-30
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Der 1720 in Osnabrück geborene Justus Möser gilt als wichtiger Akteur und Denker in der deutschen Geistesgeschichte im Zeitalter der Aufklärung. Seine Schriften fanden großen Nachhall: Denker wie Herder oder Lessing äußerten sich anerkennend über ihn. Nicht zuletzt die Würdigung als „der herrliche Justus Möser“ durch Goethe bezeugt das hohe Ansehen, das der Aufklärer genoss. Justus Mösers 300. Geburtstag im Jahr 2020 wird zum Anlass genommen, sich dem Staatsmann, Juristen und äußerst produktiven Publizisten erneut zu widmen, die zentralen Aspekte seiner Person und seines Schaffens zu beleuchten sowie den gegenwärtigen Forschungsstand zu diskutieren und zu ergänzen.
Aktualisiert: 2020-09-24
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Aufklärung ist ohne Öffentlichkeit und Wissenschaft undenkbar. Wissenschaft meint anfänglich – in einem ganz wörtlichen Sinne – das Wissen über gesellschaftliche Prozesse und weltpolitische Ereignisse. Vermittelt wird es seit dem frühen 17. Jahrhundert durch die Zeitungen. Die Wirkungen des neuen Mediums sind nicht zu überschätzen: Obrigkeitliches Geheimwissen wird öffentlich; die allgemein zugängliche, regelmäßige Information gewährt Einsicht in das Funktionieren des Politischen und führt zur ausgeprägten Weltbezogenheit des sich neu herausbildenden bürgerlichen Publikums.
Schnell werden die Zeitungen zum wichtigsten weltlichen Lesestoff. Ihre erste große Bewährungsprobe bestehen sie mit einer exzellenten Berichterstattung über den Dreißigjährigen Krieg. Sie erzeugen das Bedürfnis nach zusätzlichen Mitteln der Information. Flugschriften, Broschüren und erste politische Zeitschriften ermöglichen Diskussionen und erhöhen die Vertrautheit mit den Spielregeln des Politischen – ein wesentlicher Schritt auf dem Weg in die Moderne.
Den zweiten Akt einer regelrechten Welteroberung markieren im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts Zeitschriften, die den Zugang zu den Wissenschaften ermöglichen. Die so hergestellte Öffentlichkeit befreit die Welterkenntnis von theologischen Zwängen. Eine neue Bedeutung erhalten die Naturwissenschaften. Früh wie sonst nirgends erscheinen in Hamburg erste populärwissenschaftliche Zeitschriften.
Am Ende des faszinierenden Weges zur Aufklärung steht die Eroberung moralischer Deutungshoheit. Was bereits am Ende des 17. Jahrhunderts in ethischen Urteilen eines selbstbewussten neuen Lesepublikums aufkeimt, kulminiert in den zwanziger Jahren des 18. Jahrhunderts in den großen Debatten, deren Ort die Moralischen Wochenschriften werden.
Nirgendwo sonst sind diese Prozesse so ausgeprägt zu beobachten wie in der deutschen Pressehauptstadt Hamburg und dem dänischen Nachbarort Altona. Die Pressegeschichte dieser Orte kann mit Fug als deutsche Pressegeschichte gelesen werden. Mit ihr erweist sich das 17. Jahrhundert als eine Epoche von Veränderungen, die ein vollständig neues Medien- und Kommunikationssystem hervorbringen. Auf deren Basis kann sich im 18. Jahrhundert die Aufklärung entfalten.
Beim vorliegenden Band handelt es sich um eine stark erweiterte Fassung der Auflage von 2002, die unter dem Titel „Welteroberung durch ein neues Publikum“ erschienen ist.
Aktualisiert: 2023-01-12
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Die Studie befaßt sich mit dem wenig beachteten süddeutschen Pressewesen und dem dort geführten nationalen Diskurs des 18. Jahrhunderts. Im Mittelpunkt der Analyse stehen drei bedeutende Vertreter der schwäbischen Publizistik: Der Augsburger Intelligenzzettel des protestantischen Verlegers J.A.E. Maschenbauer, die Augsburger Postzeitung des katholischen Druckers J.A. Moy d. Ä. und die Moralische Wochenzeitschrift Der Apotheker des Kupferstechers J.A. Friedrich.
Die Studie erschließt durch medienhistorische Fragestellungen eine neue Perspektive für die Nationalismusforschung. Sie zeigt den Prozeß der Erzeugung und Vermittlung nationaler Imaginationen, beginnend mit dem Germanenmythos der fünfziger Jahre, fortfahrend mit dem Siebenjührigen Krieg, der Nationalgeistdebatte und endend mit der literarischen Bestimmung des „Deutschen“.
Aktualisiert: 2020-03-12
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Gluck, Haydn, Schikaneder, Mozart, Beethoven, Stamitz, Sterkel, Salieri oder Spohr - wer kennt sie nicht, die Großen der Musikgeschichte? Dass sie alle auch durch Regensburg gereist sind oder hier sogar einen längeren Aufenthalt hatten, dürfte vielen jedoch neu sein. Vorliegender Band erschließt erstmals die fünf Jahrzehnte umfassende Publikationsperiode (1760–1810) des Regensburgischen Diariums und der vorausgehenden und nachfolgenden Wochenzeitungen. In ihnen finden sich neben den Reisebewegungen musikhistorisch äußerst interessanter Namen auch Daten und Fakten, die bislang unausgewertet waren, aufgrund des streng chronologischen Erscheinens und der exakten Datierung der Wochenzeitungen aber sehr hohen Quellenwert besitzen.Aus dem kaum zu überblickenden Umfang von über 22.000 (!) Seiten dieser Intelligenzblätter wurde alles herausgefiltert, was mit Musik zu tun hat: durchreisende Sänger, Instrumentalisten, Schauspieler, deren Herkunftsorte, Dienstherren und Übernachtungsquartiere, Verkaufsanzeigen für neueste Musikdrucke und Schauspiele, Opern- und Konzertaufführungen, Personalia der Thurn und Taxis´schen Hofkapelle, der Regensburger Stadt- und Kirchenmusik, Angaben zum höfischen, städtischen und bürgerlichen Musikbetrieb, zum Musikalien- und Instrumentenhandel sowie zur Reisepraxis der regionalen und internationalen Musikwelt. Im originalen Wortlaut mit Datum und Zitierstelle publiziert, in zahlreichen Anmerkungen kommentiert und mit Register erschlossen, zeigt vorliegender Band die vielfachen Vernetzungen zwischen den europäischen Musikzentren und bietet für das lokale, regionale und internationale Musikleben dieser Zeit neue Erkenntnisse, die helfen fragliche Angaben sowohl für zahlreiche Musikerbiographien wie auch für Musikdrucke mit genau belegbaren Datierungen zu präzisieren.
Aktualisiert: 2020-07-31
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Die Buchreihe des Instituts für Europäische Kulturgeschichte in Augsburg versammelt Beiträge zur Kulturgeschichte der europäischen Vormoderne, ihrer antiken und mittelalterlichen Voraussetzungen sowie ihrer in die Moderne hineinreichenden Aus- und Nachwirkungen. Neben Themen wie Information, Wissen, Medien- und Kommunikation sowie historische Netzwerkforschung geht es um Fragen der europäischen Erinnerungskulturen und kollektive Identitäten.
Aktualisiert: 2023-03-27
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