Gönner, Feuerbach, Savigny
Über Deutungshoheit und Legendenbildung in der Rechtsgeschichte
Bernd Mertens
Wer es im Urteil der Nachwelt in den juristischen Olymp geschafft hat, hat damit auch die zeitgenössische Kritik hinter sich gelassen. Das differenzierte Meinungsbild der Zeitgenossen wird ersetzt durch ein selektives Narrativ, das aus der Perspektive der „Leitjuristen“ geschrieben wird und so im Nachhinein Geschichtsbilder schafft und tradiert. An den ungleichen Juristen Gönner, Feuerbach und Savigny, deren Lebenswege sich mehrfach kreuzten, kann man diese Mechanismen sehr gut nachverfolgen. Hierbei ging es um die großen Themen ihrer Zeit: die Reform des Strafrechts und des Strafprozesses, die Kodifikationsfrage und Rechtsvereinheitlichung im Zivilrecht, den Einfluss französischen Rechts in Deutschland, die Aufgabenverteilung zwischen Gesetzgebung und Rechtswissenschaft und allgemein den Widerstreit von Aufklärung und Romantik, Vernunftrecht und Historischer Rechtsschule. Zugleich beinhaltet diese Studie eine Art Gesetzgebungsgeschichte Bayerns in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, in denen die Grundlagen für den modernen partikularen Gesetzgebungsstaat gelegt wurden. Das vorliegende Werk ist eines der ‚Juristischen Bücher des Jahres 2019‘, die in der NJW 43/2019 als Leseempfehlung ausgewählt wurden.