Wer sind die Berliner?
Ein Spaziergang durch das alte Berlin von 1739 und 1878. Für Einheimische und Fremde
Gustav Langenscheidt, Seeliger Paul, Paul Seeliger
Vor weit über hundert Jahren stellte sich Gustav Langenscheidt die Frage, wie die Menschen seiner Heimatstadt Berlin so unverwechselbar wurden. Er nahm seine Leser mit auf einen Spaziergang in die Vergangenheit – eine Spurensuche. Wenn er ihnen angesichts zahlloser Fabrikschlote vor dem Oranienburger Tor erzählte, dass hier zuvor nur Wüstenei und eine Hinrichtungsstätte war, müssen wir uns heute zusätzlich die längst verschwundenen Fabriken vorstellen.
Die Menschen haben sich weniger verändert. Langenscheidt beobachtete eine „Neigung zum ‚Aufmucken‘, wie es der Berliner selbst nennt. Wo ein anderer sich einen geringen Widerspruch, einen nicht der Äußerung werten Tadel nur denkt und ihn herunterschluckt, da platzt der Berliner schon damit heraus, oft in recht verletzender Weise. ‚Nischt gefallen lassen‘ ist seine Parole.“ Keine andere Stadt habe eine Bevölkerung mit einem so gemischten Ursprung, weil Berlin einmal die Zuflucht „jedes irgendwo verfolgten Protestanten“ war. Deshalb seien Berliner eigentlich „als ein deutsch sprechendes internationales Neutrum“ zu betrachten. Außerdem: „Berlin ist ein Abzugskanal für die Provinzen. Alle ihre Auswüchse nach unten und oben, alles, was sie Bestes und Schlechtestes haben (…) ergießt sich nach hier.“