Liber In Via von Machel,  Karl Maria

Liber In Via

Eine Autofiktion

Schriftsprache

Mehr als irgendwo sonst ist unsere Schriftsprache wirklich nur eine geschriebene, nicht eine geredete; eine Tintensprache, nicht eine von Menschenlippen fließende. Wie sollte es in Deutschland anders sein, wo die Schriftsprache seit den Tagen der Humanisten den Leidensweg durch das Lateinische, seit dem 17. Jahrhundert den durch das Französische hat gehen müssen. Und heute halt das Denglische. Die heutige deutsche Schriftsprache ist ein Erzeugnis der deutschen Gelehrten. Ihre Schriftsprache war zunächst zumeist lateinisch gedachtes Deutsch, und nur dem machtvollen Eingreifen solcher Sprachumwälzer wie Lessing, Herder, Goethe verdanken wir eine Schriftsprache, die etwas Besseres als beschriebenes Papier ist. Denn man muß nicht die Buchstaben in der lateinischen Sprache fragen, wie soll man deutsch reden, ja die ganze deutsche Stilgeschichte ist die des Jahrhunderte langen Kampfes zwischen Papier und Menschenzunge. Der höchste Zweck des Schreibens ist dem Leser seine eigenen Gedanken vor Augen zu halten oder doch zu vermitteln. Sobald man die Feder ansetzt, waltet darüber das Recht derer, für die er schreibt, denn von ihnen will er verstanden werden. Offenbar ist das Schaffen einer Schriftsprache von jedem Bildungsvolk unbewußt als eine literarische Notwendigkeit empfunden worden; denn alle Literaturen, von der griechischen und hebräischen bis zu den römischen, französischen, italienischen und deutschen, zeigen uns eine Schriftsprache, die von den wirklich vorhandenen Sprachgewohnheiten der Einzelnen mehr oder weniger abweicht. Kunst ist Auswahl vieler nicht unerläßlicher Einzelheiten und je tiefer die Kunst, in diesem Falle die Wortkunst, das Geistesleben eines Volkes durchdringt, desto mehr findet in der Gemeinsprache dieselbe Auswahl statt wie in der Schriftsprache. Scheinbar sind dies alles Wörter der Gemeinsprache, und doch schwingen in jedem Wort Nebentöne mit, die in der Gemeinsprache fehlen. Die Dichtersprache, obgleich scheinbar der Gemeinsprache der Gebildten gleich, ist in Wahrheit viel reicher als sie, eben durch jene Nebentöne, die der mit dichterischen Werken vertraute Leser im innersten Ohre mitvernimmt. Schreibe, wie du aus Achtung vor dir und dem Besten deiner Leser sprechen würdest. So ist unsterbliche Quell der Harmonie immer vorhanden.

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