Alfred Grünfeld (1852–1924)
Der "Pianist Wiens"
Isabella Sommer
Der Pianist und Komponist Alfred Grünfeld (1852–1924) hat „Wiens musikalischen Gedanken am Flügel vertreten“, schreibt Julius Korngold 1924. Als Virtuose, Salonpianist und „Liebling“ der High Society trat er vor Familien des jüdischen Großbürgertums, in aristokratischen Häusern sowie an in- und ausländischen Höfen auf. Konzertreisen führten ihn durch Österreich-Ungarn, Deutschland, Russland, Rumänien und in die Vereinigten Staaten.
Der Großteil seiner rund 100 Kompositionen, mehrheitlich Salon- und Virtuosenstücke für Klavier, sind heute vergessen, bis auf seine Transkriptionen nach Melodien des mit ihm befreundeten Johann Strauss (z. B. Frühlingsstimmen Walzer). Die Einspielungen, die er – ein Pionier der Tonaufnahme – auf Wachsrollen für Edison Phonograph, Notenrollen für mechanische Klaviere und Schallplatten hinterlassen hat, dokumentieren den „Lyriker am Klavier“.
Diese erste Alfred Grünfeld-Biografie beleuchtet seine Wirkungsstätten, seine Karrieren und sein Privatleben anhand von Briefen und Erinnerungen, Charakterisierungen von Weggefährten und Zeitungsberichten. Der Anhang veröffentlicht u. a. den Werkkatalog und ein Verzeichnis der von Grünfeld eingespielten Tonträger.
Den Humor des Pianisten überliefert eine Anekdote aus
„Der Morgen. Wiener Montagsblatt“ vom 28. Mai 1923:
Bei der Aufführung eines Requiems wirkte Grünfeld mit und als die letzten Akkorde verklungen waren,
stürzte ein sich outriert begeistert zeigender Enthusiast auf Grünfeld mit den Worten zu
„Meister, wenn ich einmal gestorben bin, muß mich Ihr Spiel begleiten.“ –
„Gut“, erwiderte Grünfeld, „was wollen Sie hören?“