„Beliebt bei älteren Damen und jüngeren Herrn“
Paul O’Montis– Biografie eines Vortragskünstlers
Ralf Jörg Raber
Paul O’Montis (1894–1940) gehörte in den „Goldenen Zwanziger Jahren“ zu den Stars des deutschsprachigen Pop, vor allem der Kabarett- und Kleinkunstszene. Die größten europäischen Schallplattenfirmen seiner Zeit hatten ihn unter Vertrag, seine Schlager und Chansons liefen im Radio, dort war er auch live zu hören. Er tourte durch halb Europa, verzauberte sein Publikum sowohl in Großstädten als auch in der Provinz. O’Montis war Pop-Avantgarde, gehörte zu den Ersten, die dank Mikrofontechnik den popmusikalischen Liedvortrag modernisierten und die dem Tabu Homosexualität, sexuelle Diversität und Genderthematik im kommerziellen Pop Ausdruck verliehen. Doch der sich da so zäh und fleißig über viele Jahre hochgearbeitet hatte, konnte seinen Ruhm nur kurz genießen: Es dauerte kein Jahr, bis es nach dem Machtantritt der Nazis mit seiner Karriere in Deutschland auch schon wieder zu Ende war. Paul Wendel, wie der Künstler bürgerlich hieß, war schwul. Er kam ins Gefängnis und emigrierte nach verbüßter Haft. Im Exil fand er eine innere wie äußere Freiheit, die „ansteckend“ war und Homosexuelle in seine Konzerte zog. Paul O’Montis wurde im Konzentrationslager Sachsenhausen ermordet.