Cernunnos
Vom Schamanen zum Druiden Merlin
Harry Eilenstein
Der Hirschgott Cernunnos ist eine der markantesten Gestalten der keltischen Götterwelt. Er drückt zugleich eine archaische Wildheit und eine hohe meditative Konzentration aus und lässt ein volleres Leben ahnen.
Die umfassendste Darstellung des Cernunnos findet sich auf dem Kessel von Gundestrup, deren Bilder ihn als einen Schamanen-Priester bei einer Einweihung darstellen. Solche Einweihungen sind in erster Linie rituelle Jenseitsreisen. Die bekannteste dieser Einweihungen zur Zeit des Cernunnos waren die Mysterien von Eleusis, mit denen die Rituale des Hirsch-Schamanen eng verwandt waren.
Die Herkunft des Cernunnos lässt sich über die Hirschgötter der Indogermanen und die Symbolik der gehörnten Herdentiere in der Jungsteinzeit bis zu den Höhlenmalereien der Altsteinzeit zurückverfolgen.
Diese Tradition lebte bis in die historische Zeit der keltischen Überlieferungen aus Irland und Großbritannien weiter, wo sie u.a. die Sagen um die Druiden Fionn, Amairgen, Taliesin und Merlin gebildet hat, in denen in mythologischer Form immer noch von denselben Ritualen berichtet wird. Hirsche spielen in den keltisch-irischen Sagen eine wichtige Rolle – es wird sogar beschrieben, wie sich Merlin in einen Hirsch verwandelt.
Diese Jenseitsreisesymbolik, mit der der Hirsch und der Hirsch-Schamane verbunden waren, endete keineswegs mit dem Beginn des Christentums in den Siedlungsgebieten der Kelten: Die französischen Könige führten in ihrer Krönungszeremonie und Krönungssymbolik die keltische Tradition weiter, so dass bis ins 18. Jahrhundert hinein der geflügelte Hirsch das Zeichen der französischen Könige geblieben ist.
Cernunnos war so fest in den Vorstellungen der Kelten verankert, dass die christlichen Missionare ihn nur durch Integration besiegen konnten: St. Hubertus.