Der Schutz tariflicher Normsetzung.
Zur Erforderlichkeit einer Erweiterung der bestehenden Handlungsinstrumentarien der Tarifvertragsparteien um einen Unterlassungsanspruch gegen tarifwidriges Handeln vor dem Hintergrund des Art. 9 Abs. 3 GG.
Doreen Döttger
Tarifbruch im Betrieb als Verletzung der kollektiven Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG? In der anhaltenden Diskussion um diese Frage vollzog die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts mit Beschluß vom 20.4.1999 eine bedeutsame Wendung, indem der Erste Senat nicht nur eine Grundrechtsverletzung durch tarifnormwidrige Praktiken bejahte, sondern den Tarifvertragsparteien mit einem koalitionsgrundrechtlich fundierten Unterlassungsanspruch auch ein unmittelbares Vorgehen gegen die Akteure auf Betriebsebene gestattete.
Dieser Rechtsprechungswandel bildet den Ausgangspunkt der vorliegenden Untersuchung, die sich mit der Frage beschäftigt, ob der Erweiterung tarifnormschützender Instrumentarien eine durch Art. 9 Abs. 3 GG begründete Erforderlichkeit zugrunde liegt. Die Betrachtung der Wirkungen tarifwidrigen Handelns führte hierbei zu der Feststellung, daß tarifunterlaufende Praktiken die Geltung des Tarifvertrages in Gefahr bringen und so ein grundrechtliches Schutzbedürfnis auslösen. Dieses grundrechtliche Fundament determiniert das einfachrechtliche Gewand des Unterlassungsanspruchs gegen tarifwidrige Praktiken.