Die außerordentliche arbeitgeberseitige Kündigung bei einzel- und tarifvertraglich unkündbaren Arbeitnehmern.
Katharina von Koppenfels
Aufgabenstellung dieser Dissertation war es herauszufinden, ob die Eigenschaft der tarif- bzw. einzelvertraglichen ordentlichen Unkündbarkeit überhaupt Auswirkungen auf die allein mögliche außerordentliche Kündigung hat und, falls dies zu bejahen ist, welche Auswirkungen dies sind.
Nach einer einleitenden Darstellung der in Literatur und Rechtsprechung vertretenen Lösungsansätze zu diesem Problemfeld wurde untersucht, inwieweit der ordentlichen Unkündbarkeit auf Tatbestandsseite der außerordentlichen Kündigung, d. h. im Rahmen des »wichtigen Grundes«, theoretisch und praktisch Rechnung getragen werden kann. Diese Untersuchung orientierte sich am Schutzzweck von Unkündbarkeitsklauseln. Es stellte sich dann die Frage, ob die Unkündbarkeit auch auf Rechtsfolgeseite der außerordentlichen Kündigung, d. h. über die Gewährung einer Kündigungsfrist, effektiv und praxisnah berücksichtigt werden kann und wie sich eine Kündigungsfrist dogmatisch mit dem Wortlaut des § 626 BGB vereinbaren läßt.
Ergebnis der Untersuchung ist, daß eine Berücksichtigung der (tarif-)vertraglichen Unkündbarkeit auf Tatbestandsebene der außerordentlichen Kündigung zwar theoretisch gut möglich ist, nämlich indem strengere Anforderungen an den wichtigen Grund bei § 626 BGB gestellt werden. In der Praxis ist das Kriterium des strengeren Maßstabes aber nicht geeignet, der ordentlichen Unkündbarkeit effektiv Rechnung zu tragen. Der (tarif-)vertraglichen Unkündbarkeit kann bei einer außerordentlichen Kündigung effektiv und praxisnah nur dadurch Rechnung getragen werden, daß der Arbeitgeber bei der außerordentlichen Kündigung verpflichtet wird, dem unkündbaren Arbeitnehmer eine Kündigungsfrist zu gewähren. Diese Frist muß der jeweils längsten im Gesetz, Tarif- oder Arbeitsvertrag geregelten Frist entsprechen. Die Pflicht zur Einhaltung einer Kündigungsfrist bei der außerordentlichen Kündigung unkündbarer Arbeitnehmer ist das Ergebnis einer teleologischen Reduktion der Rechtsfolgeseite des § 626 I BGB.