Die maskulinen Stämme auf -man- und -iman- im Altindischen
Wortbildung, Funktion und indogermanische Grundlagen
Carolin Schneider
Das Altindische ist ein früh (ab ca. 1200 v. Chr.) bezeugtes Mitglied der indogermanischen Sprachfamilie und aufgrund seines Alters und seiner reichhaltigen Überlieferung für die Erschliessung des Urindogermanischen von grosser Bedeutung. Das Buch behandelt ein Phänomen der nominalen Wortbildung im Altindischen: die maskulinen Suffixvarianten man- und -iman-. Das Ziel ist, die synchrone Verwendung und die diachrone Entwicklung dieser Bildeweise in phonologischer, flexivischer, derivationeller und syntaktisch-funktionaler Hinsicht zu beschreiben und im Kontext der indogermanischen Sprachfamilie vergleichend zu beurteilen. Die maskulinen Suffixvarianten -man- und -iman- sind bereits in der ältesten Sprachschicht des Altindischen, dem Rigveda, zur Bildung von Nomina deutlich bezeugt. Die Bildeweise lebt in der gesamten altindischen Sprachschicht bis hin zum Neuindoarischen fort, verändert im Laufe der Zeit jedoch Gestalt und Funktion. Mit -(i)man- vergleichbare Suffixe finden sich abgesehen vom indoiranischen Sprachzweig auch in anderen früh bezeugten indogermanischen Einzelsprachen – der Bildetyp als solcher muss aus der urindogermanischen Grundsprache ererbt sein. Aus indogermanistischer Sicht ist diese Stammklasse insofern relevant, als dass es sich um eine Bildeweise handelt, die in der jüngeren Forschung verstärkt für die Theoriebildung in der Rekonstruktion herangezogen wurde. Dabei liegen einerseits Wechselformen mit neutralen man-Stämmen vor, die sich nur durch Genus, Akzent oder Ablautverhalten unterscheiden, und andererseits zeigen die Maskulina, zusammen mit ihren Entsprechungen in den indogermanischen Einzelsprachen, eine grosse Bandbreite an funktionalen Einsatzmöglichkeiten, deren Alter und Verhältnis zur jeweiligen Basis jedoch nicht eindeutig bestimmt ist. Sie lassen sich so als Zeugnisse für unterschiedliche Beurteilungen von vorhistorischen Wortbildungsprozessen und deren syntaktischer und pragmatischer Funktion heranziehen. Das Werk möchte als Basis für die Bewertung konkurrierender Theorien verstanden werden, indem die formale und semantische Verwendungsmöglichkeit des Bildetyps und seine Weiterentwicklung innerhalb der jüngeren Sprachgeschichte exemplarisch anhand einer wichtigen und früh bezeugten indogermanischen Sprache ausgearbeitet wird.