Die ökonomische Analyse des Filesharings und ihre Bedeutung für das europäische Urheberrecht
Felix Suwelack
Dem urheberrechtlichen Verständnis der europäischen Urheberrechtspolitik liegen ökonomische Erwägungen zugrunde. Das Urheberrecht soll als Instrument zur Verwirklichung des Binnenmarktes und zur Stimulation von Innovation und wirtschaftlicher Entwicklung dienen. Dabei geht der europäische Gesetzgeber davon aus, dass das Urheberrecht diese Funktion umso besser erfülle, je weitreichender der gesetzlich gewährte Schutz sei. Dieses vermeintliche Erfordernis eines hohen urheberrechtlichen Schutzniveau prägt den regulativen Ansatz im Hinblick auf digitale Kommunikations- und Kopiertechnologien und damit auch den Umgang mit Datensätzen, Informationen und Wissen. Trotzdem fehlt es in der rechtswissenschaftlichen und politischen Auseinandersetzung bislang an empirischen Erkenntnissen über die tatsächlichen Auswirkungen urheberrechtlicher Ausschließlichkeit und deren erforderliche Reichweite. In den vergangenen beiden Jahrzehnten hat das Filesharing die tatsächliche urheberrechtliche Exklusivität erheblich beeinträchtigt. Es hat den Nutzern ermöglicht, sich über urheberrechtliche Nutzungsverbote hinwegzusetzen und Kultur- und Informationsgüter beinahe beliebig zu beziehen. Die ökonomische Analyse dieses Phänomens verspricht Aufschlüsse darüber, welches Maß an urheberrechtlicher Ausschließlichkeit tatsächlich erforderlich ist, um das volkswirtschaftliche Potenzial urheberrechtlicher Güter bestmöglich nutzbar zu machen. Die gewonnenen Erkenntnisse erlauben es gleichzeitig, das ökonomische Verständnis der europäischen Urheberrechtspolitik kritisch zu hinterfragen und sie geben Hinweise, wie das Spannungsverhältnis zwischen urheberrechtlichen Zugangs- und Exklusivitätsinteressen in Zukunft effizient und rational zu lösen ist.