Die rechtliche Bewertung von Arbeitskämpfen um berufsgruppenbezogene Tarifverträge
Sebastian Schulten
Berufsgruppenbezogene Tarifverträge sind in verschiedenen Wirtschaftsbereichen heute Realität und haben seit den eigenständigen Tarifabschlüssen von Lokführern und Ärzten weiter an Bedeutung gewonnen. Die Veränderung der Gewerkschafts- und Tariflandschaft kann eine Häufung von Arbeitskämpfen in den Betrieben bewirken, die zu einer Störung des Kräftegleichgewichts zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften führen. Der Verfasser untersucht die Rechtmäßigkeit von Streikmaßnahmen und Aussperrungen in Arbeitskämpfen um berufsgruppenbezogene Tarifverträge und ihre Auswirkungen für die Tarifvertragsparteien. Im ersten Teil der Untersuchung wird nach einer Auswertung der neueren Rechtsprechung zu den sogenannten Spezialistenstreiks auf die Beteiligung von Außenseitern am Arbeitskampf, die Zulässigkeit von Aussperrungen, die Reichweite der Friedenspflicht, die Verteilung des Lohnrisikos und die Zahlung von Lohnersatzleistungen eingegangen. Außerdem wird die Verhältnismäßigkeit von Streiks um Berufsgruppentarifverträge im Hinblick auf Beeinträchtigungen von Rechtsgütern Dritter, insbesondere im Bereich der Daseinsvorsorge, und eine mögliche Fortentwicklung des Grundsatzes der Tarifeinheit untersucht. Im zweiten Teil werden Möglichkeiten der Modifizierung des Arbeitskampfrechts untersucht, um die Parität von Arbeitgebern und Gewerkschaften zu erhalten. Nach einer Auseinandersetzung mit den verschiedenen Vorschlägen aus der Literatur entwickelt der Verfasser einen eigenen Vorschlag. Unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Grundlagen soll es damit den tarifgebundenen Arbeitgebern durch ein zeitlich beschränktes Streikverbot für neu auftretende Gewerkschaften ermöglicht werden, durch privatonome Regelungen sachgerechte Lösungen auszuhandeln ohne von unkontrollierbaren Arbeitskämpfen überzogen zu werden.