Georg Trakl und die literarische Moderne
Károly Csúri
Bekanntlich gehört Georg Trakl (1887-1914) zu den bedeutendsten deutschsprachigen Lyrikern des 20. Jahrhunderts. Wegen ihrer faszinierenden Schönheit lassen sich manche seiner Gedichte zu den Spitzenleistungen der europäischen Lyrikgeschichte der Moderne überhaupt rechnen. Doch haben die Rezeptionsschwierigkeiten Traklscher Lyrik nicht nur positive Resonanz ausgelöst, sondern von Anfang an auch negative Qualifizierungen wie „Dunkelheit“, „Schwerverständlichkeit“ oder gar „Unsinn“ hervorgerufen. Im Mittelpunkt der Untersuchungen steht diese grundlegende Spannung. Es wird danach gefragt, ob und in welchem Sinne zwischen „schön“ und „unverständlich“ eine unauflösliche Interdependenz bei Trakl und in der modernen Dichtung allgemein besteht oder ob sich das Theorem der „Unverständlichkeit“ möglicherweise in der Entschlüsselung der zugrunde liegenden Strukturen selbst aufhebt und die poetische „Schönheit“ gerade durch die erschlossenen Strukturen, das heißt das zugeordnete Erklärungsmodell selbst erzeugt. Entsprechend den verschiedenen methodischen Ansätzen wird dieses Problem in den einzelnen Beiträgen unterschiedlich beantwortet. Eine einheitliche und eindeutige Antwort zu bekommen, konnte auch nicht das Ziel sein: Vielmehr sollte erreicht werden, dass die Vielfalt der Betrachtungsweisen (hermeneutische, konstruktivistisch-strukturalistische, semiotische, psychogenetische und poststrukturalistisch-antihermeneutische Interpretationsverfahren) sowie die intertextuellen Forschungen oder die literatur-, kultur-, rezeptions- und wirkungsgeschichtlichen Kontextanalysen die Trakl-Philologie mit neuen Einsichten bereichern und zu einem differenzierteren Verständnis der spezifischen Charakteristika von Trakls Lyrik beitragen.