Geschriebene Identität – Lebenslinien in Tagebüchern
Irmela Amelie Sperl
Warum schreiben Menschen Tagebuch? Was können uns eigene und fremde Tagebücher lehren über uns selbst und unsere Geschichte?
Auf welche Weise haben moderne Techniken auch in Tagebücher Einzug gehalten, und wie kommt es, dass sie sowohl als »Schatzkästchen« als auch als »Mülleimer« bezeichnet werden? Um diese Fragen beantworten zu können, hat die Autorin Tagebuchschreibenden in einer qualitativen Online-Studie quasi über die Schulter geschaut und gleichzeitig den privaten Raum, der die Tagebücher ja auch ausmacht, respektiert. Ziel der Arbeit war es, Tagebuchschreibende nach ihrer »Biografie des Schreibens« zu befragen und sie die individuelle Geschichte ihrer Aufzeichnungen erzählen zu lassen.
Es zeigt sich, dass Männer und Frauen auf unterschiedliche Weise die variable Strategie des Tagebuchschreibens nutzen: für emotionale Entlastung, als kreatives Werkzeug und als Raum für Eigenkommunikation und -reflexion. Das Tagebuch als unbestechlicher Zeitzeuge bietet darüber hinaus beim Lesen die Möglichkeit zur Integration vergangener Selbste und zu aktiver Identitätsarbeit.
Das vorliegende Buch gibt interessante Einblicke in die verschiedenen Variationen des Tagebuchschreibens im Lauf der Geschichte, ergänzt durch Informationen über die Arbeit des Tagebucharchivs in Emmendingen. Es lässt uns an den Erfahrungen von heutigen Tagebuchschreibern teilhaben und ermutigt auf diese Weise, auch selbst damit zu experimentieren.