Hanghaus 2 in Ephesos
Die Wohneinheit 1 und 2. Baubefund, Ausstattung, Funde
Andreas Hofeneder, Friedrich Krinzinger, Österreichischen Archäologischen Institut in Wien
Das Hanghaus 2 liegt im Zentrum von Ephesos und zählt zu den am besten erhaltenen kaiserzeitlichen Wohnkomplexen im östlichen Mittelmeerraum. Die sieben unterschiedlich großen Wohneinheiten, von denen jede zumindest über ein Obergeschoß verfügte, liegen auf großzügigen späthellenistischen Terrassierungen südlich der Kuretenstraße und erschließen sich über schmale Stiegengassen, die dem städtischen Straßenraster entsprechen.
Die archäologischen Untersuchungen des Hanghauses 2 seit den 1960er Jahren haben zu einem differenzierten Bild von der Wohnkultur der ephesischen Eliten von der Errichtung in augusteisch-tiberischer Zeit bis zur Erdbebenzerstörung im 3. Viertel des 3. Jahrhunderts n. Chr. geführt. Die aufwendige Konservierung der Ruinen unter einem modernen Schutzdach macht diese Ergebnisse auch für den Besucher nachvollziehbar. Mit dieser Arbeit liegen nun nach dem Erscheinen der Wohneinheit 4 (2005) drei der sieben Wohneinheiten in einheitlicher Publikation vor, die Veröffentlichungen der weiteren Wohneinheiten schreiten zügig voran.
Die hier behandelten Wohneinheiten 1 und 2 nehmen die oberste Terrasse des Hanghauses 2 ein. Während die Erdgeschoße über die steil ansteigenden Stiegengassen 1 und 3 erschlossen wurden, waren die Obergeschoße neben Innentreppen auch über die im Süden entlang führende sog. Hanghausstraße zu betreten. In den Randzonen der Wohneinheiten lagen die Wirtschaftsbereiche, die hier eine direkte Anbindung an die Wasserversorgung und die Kanäle besaßen. Die Haupträume öffneten sich in zwei Stockwerken auf die Innenhöfe, durch welche eine gute Belichtung und Belüftung garantiert war.
Im Verlauf der ca. 250 Jahre dauernden Nutzung der Wohneinheiten 1 und 2 als Wohnquartiere der städtischen Oberschicht, deren neu erarbeitetes chronologisches Gerüst hier erstmals geschlossen dargestellt ist, kam es in den beiden Peristylhäusern mehrfach zu Umbauten, die auf Besitz- und Funktionswechsel einzelner Raumgruppen hindeuten. Der Reichtum der Bewohner spiegelt sich in der mehrfach erneuerten prachtvollen Ausstattung der Repräsentationsräume im Erdgeschoß und Obergeschoß. Die qualitätvollen Wandmalereien, die zahlreichen Mosaikböden, die Glasmosaike in der Wohneinheit 2 und die kostbaren Marmor-Inkrustationen sind von besonderer Bedeutung für die Kulturgeschichte des antiken Wohnbaus. Darüber hinaus blieben wesentliche Teile der beweglichen Ausstattung erhalten, so etwa Skulpturen, darunter die Elfenbeinfunde aus dem Raum SR 18 der Wohneinheit 2, Möbel, Kleinfunde sowie Tafelgeschirr aus Keramik und Glas, die hier im Kontext dargestellt werden. Einen tiefen Einblick ins Alltagsleben gewähren auch die auf sehr vielen Wandmalereien eingeritzten Graffiti, die etwa Haushaltsabrechnungen darstellen und im Falle der Wohneinheit 2 wahrscheinlich sogar den Besitzer überliefern: C. Vibius Salutaris gehörte dem Ritterstand an und hatte es in Ephesos zu Einfluß und Reichtum gebracht. Bekannt ist vor allem die von ihm eingerichtete Stiftung, in der unter anderem auch bestimmt war, daß Silberstatuetten des Traian und seiner Frau Plotina in seinem Privathaus kultisch zu verehren seien. Er starb kinderlos, um die Hinterlassenschaft kümmerten sich die in der Stiftungsinschrift genannten Erben. Die nur in geringem Maße festzustellenden Umbauten der Wohneinheit 2 sowie das jüngste Inventar dieses Hauses sind wohl darauf zurückzuführen, daß die Erben das Haus weitgehend so belassen hatten, wie sie es von Vibius Salutaris übernommen hatten. Im Gegensatz dazu fanden in der Wohneinheit 1 in severischer Zeit größere Umbauten statt: So wurden vier der Haupträume von der Wohneinheit 1 an die Wohneinheit 2 angegliedert, die seit flavisch-traianischer Zeit existierende kleine Badeanlage renoviert und das obere Stockwerk offensichtlich als „Kondominium“ benutzt oder vermietet.
Neben den Funden aus dem Zerstörungsschutt umfaßt diese Publikation auch all jene Objekte, die bei den Grabungen unter den Böden der letzten Bauphase zu Tage kamen. Diese liefern Einblicke in die Ausstattungen der Wohneinheiten vor der letzten Nutzungsphase. So läßt etwa die geschlossene Auswertung der Tier- und Fischknochen interessante Aussagen zu den Ernährungsgewohnheiten der Bewohner von hellenistischer Zeit bis ins 3. Jahrhundert n. Chr. zu.
Nach der Zerstörung durch ein Erdbeben im 3. Viertel des 3. Jahrhunderts n. Chr. wurden die Häuser nicht wieder aufgebaut, gewisse Bereiche aber in der Spätantike partiell weiter genutzt. In frühbyzantinischer Zeit hat man auch diese einfache Nutzung aufgegeben und über der Westseite des Hanghauses 2 eine Reihe von Mühlen eingerichtet, die durch das offensichtlich noch vorhandene Wasser aus den Überlandwasserleitungen betrieben wurden.