Herbst auf Sumatra
Ein poetischer Dialog zwischen Milos Crnjanski und Viktor Kalinke
Miloš Crnjanski, Inka Grebner, Viktor Kalinke
Nach der Erschütterung, die der erste Weltkrieg auslöste, hatte Miloš Crnjanski Gott verloren. Während Ivo Andrić sich bisweilen noch auf das Christentum beruft, ist Crnjanski nichts mehr heilig. Sein sarkastischer Spott hat die bürgerliche Philosophie zum Ziel, er ist auf der Suche nach neuen Werten, nachdem zu den alten kein Weg mehr zurückführt. Diese neue Welt erblickt Crnjanski nicht in der westlichen Kultur, nicht in Amerika, sondern in der stillen Ferne Sumatras. Der geographische Ort diente ihm als Metapher. Sumatra befindet sich für ihn überall, wo es still und friedlich ist. Als die mutig-ernsthafte pazifistische Ithaka-Lyrik Crnjanskis 1919 in Belgrad erschien, erregte sie heftige Debatten. Viktor Kalinkes Gedichte treten in einen poetischen Dialog mit Miloš Crnjanski. Auf den Spuren des serbischen Dichters schreibt er über Städte und Reisen, aber auch über ganz Intimes. So kommt es zu einer zweifachen Brechung: Die fiktive Welt Crnjanskis, aus der Not des eigenen Schicksals geformt, dient Kalinke als Folie für seine Wirklichkeitsverarbeitung, die ihrerseits wieder ins Fiktive umschlägt, womit sich der Kreis des Dialoges schließt.