Inländerdiskriminierung.
Christoph Hammerl
Die Harmonisierung des Rechts in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften war schon in den Gründungsverträgen nicht darauf angelegt, die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten in umfassender Weise zu homogenisieren. Nur dort, wo die Gründungsverträge ausdrücklich dazu ermächtigen, soll eine Harmonisierung erfolgen.
Liegt eine gemeinschaftsrechtliche Regelung vor, die gemeinschaftsweit in gleicher Weise gilt und angewendet wird, ist eine Diskriminierung von Bürgern einzelner Mitgliedstaaten gegenüber Bürgern anderer Mitgliedstaaten in dem jeweils geregelten Bereich in der Regel ausgeschlossen.
In den nicht harmonisierten Bereichen rückt das Primärrecht – insbesondere die Grundfreiheiten des EG- Vertrages – in den Mittelpunkt des Interesses. Sofern eine Berufung auf Primärrecht Erfolg hat, gilt das primär-rechtswidrige Recht des Mitgliedstaates B nicht gegenüber dem jeweiligen Unionsbürger aus dem Mitgliedstaat A.
Sollten die Bürger des Mitgliedstaates B als Inländer nun anders als andere Unionsbürger weiterhin an die primärrechtswidrigen Bestimmungen gebunden bleiben, entsteht ein erhebliches Benachteiligungspotential. Die »Verwerfungen«, die sich so aufgrund des Zusammenwirkens von nationalen Rechtsordnungen mit Europarecht ergeben, betreffen keine Einzelfälle, sondern sind vielmehr strukturell bedingt. Von Interesse ist auch, ob Einflüsse des Völkerrechts ähnliche Wirkungen zeitigen können.
Die vorliegende Arbeit will Strukturen und normative Rahmenbedingungen für Inländerdiskriminierung offenlegen. Untersucht wird weiter, ob Diskriminierungen aufgrund mitgliedstaatlichen Rechts mit Primärrecht der Europäischen Gemeinschaften vereinbar sind und ob etwaige Benachteiligungen der Inländer vor dem Grundgesetz Bestand haben können.