Louisa Clement
as found
Anne-Marie Bonnet, Jonas Schenk, Michael Stockhausen
Die erste Begegnung mit einem Werk von Louisa Clement war ein Zufallstreffen an einer Wand bei Bekannten. Die Beiläufigkeit der kleinen Bilder zog meine Aufmerksamkeit auf sich: eine Reihe kleiner Stillleben, ausschnitthafte Sichten auf eine Bett- oder Tischecke nebst dort abgelegter Gegenstände, die nicht immer gleich zu identifizieren sind. En passant, wie aus dem Augenwinkel Wahrgenommenes, beinahe Übersehenes wird ins Bildfeld gerückt und nahezu intimistisch dargeboten. Nach all den hyperrealistischen, teils überwältigend überdimensionierten Hochglanzfotografien ist die Begegnung mit Clements leisen Beobachtungen geradezu eine Wohltat! Bei näherem Hinsehen fällt auf, dass die Werke durchaus seriellen Charakter haben und gewiss inszeniert sind; das scheinbar Zufällige erweist sich als wohl bedacht. „Le hasard n’existe pas!“ [Es gibt keine Zufälle!], wusste schon Marcel Duchamp. Sind Clements Sujets, die wie objets trouvés daherkommen, simulierte optische Ready-mades? „As found“, wie gefunden, muten sie an, verdanken dies jedoch dem gestaltenden Auge der Künstlerin. Ihre Bilder bieten in Nahaufnahme Kleidungsdetails, Raumansichten bzw. Papieroberflächen dar und erinnern daran, dass Fotografien Seh-Dispositive sind, aber sie repräsentieren auch – und dies gilt bei Clements Arbeiten ganz besonders – eine Kultur des Zeigens. Im dialektischen Spannungsfeld zwischen Sehen und Zeigen entfalten die Aufnahmen ihre eigentümliche, scheinbar die Zeit dehnende Ästhetik. Trotz der ihnen anhaftenden unprätentiösen Beiläufigkeit wirken sie nie wie Schnappschüsse: In ihnen gerinnt, verdichtet sich die Zeit, und der Augen-Blick erfährt Dauer. […]