Mäusefest
Johannes Bobrowski
Da sitzt er noch immer, Moise, wie wir ihn schon aus den Schulbüchern kennen, auf seinem Stühlchen in seinem kleinen Laden und freut sich an seinen Mäusen, die im silbernen Mondlicht ein Fest feiern und um die ihnen zugedachte Brotrinde tanzen. Und als der junge Soldat hereinkommt, ein deutscher Milchbart, der mal sehen will, wie das Judenvolk haust, meldet sich noch immer ein Kloß in unserem Hals, denn wir wissen, was Moise vorerst nur ahnt.
Auf nur viereinhalb Seiten hat Johannes Bobrowski das ganze Elend beschrieben, das der deutsche Einmarsch in Polen mit sich brachte – leise, aber umso beharrlicher sich im Gedächtnis verankernd.
Die zweiundzwanzig Erzählungen, als Quarthefte 3 und 29 bei Wagenbach erschienen, ziehen ihre Kraft aus den weiten Landschaften des Ostens, die in stillen, klaren Bildern vor den Augen des Lesers stehen. Sie sind mit allerlei eigenwilligen Menschen bevölkert, die Bobrowski freundlich beobachtet, deren Witz er sprechen lässt und die er in eindrückliche Szenen verwickelt – über allem die leise Bedrohung des Bevorstehenden. Und er erzählt von den Verwüstungen, den inneren und äußeren, die die Zeit hinterlassen hat, immer noch freundlich, aber auch melancholisch.