Mitten in der großen Krise. Ein „New Deal“ für Europa
Stephan Schulmeister
Mit der „großen Krise“ hat der Übergang von einer finanz- zu einer realkapitalistischen Wirtschaftsordnung begonnen, wie Stephan Schulmeister, einer der profiliertesten österreichischen Wirtschaftsforscher, beschreibt. Dieser wird Jahre dauern: Der in den letzten dreißig Jahren zunehmend dominante Finanzkapitalismus stellt ja eine umfassende „Spielanordnung“ dar. Dazu gehören die neoliberale Wirtschaftstheorie, der Vorrang für den Geldwert, die Liberalisierung der Finanzmärkte und die Schwächung des Sozialstaats. Die große Krise wird den Boden für eine Neuordnung des „Spiels Wirtschaft“ bereiten: Die Triebkraft kapitalistischer Dynamik, das Profitstreben, wird wieder auf realwirtschaftliche Aktivitäten fokussiert, ergänzt und erweitert um die ökologische und soziale Dimension.
Die Länder der EU sind in dieser Situation durch das „Spardogma“ und das „Gefangenendilemma“ gelähmt: Betreibt jedes einzelne Land eine expansive Politik, so fließt ein Großteil der Impulse ins Ausland. Machen alle EU-Länder dies gemeinsam, so stärken sie sich wechselseitig. Das wäre jener „New Deal“ für Europa, der die Talsohle im langfristigen Entwicklungszyklus verkürzen würde. Wie könnte er aussehen, und welches politische „leadership“ braucht es zu seiner Durchsetzung?