Nachträglich, grundlegend
Der Kommentar als Denkform der jüdischen Moderne von Hermann Cohen bis Jacques Derrida
Andreas Kilcher, Liliane Weissberg
Die besondere Stellung des Kommentars in der jüdischen Moderne und seine Bedeutung für jene Philosophie und Kritik, die an der Autorität eines Ursprungs und Grundtextes zweifelt.
Ein Kommentar scheint sich immer auf eine bereits vorhandene Äußerung, auf einen bereits existierenden Text zu beziehen. Er tritt als ein nachträglicher Begleittext gegenüber einem primären Grundtext auf. Bisweilen trägt der Kommentar aber auch eine dialogische Form und diese wird für die rabbinische Tradition des Judentums kennzeichnend und beispielhaft im Talmud. Das scheinbar Nachträgliche wird hier für das Judentum grundlegend.
Dabei behält der Kommentar seine Bedeutung für die jüdische Moderne auch über das rabbinische Judentum hinaus und gewinnt sogar noch dort an Bedeutung, wo er sich von der Tradition emanzipiert, diese fortentwickelt und verändert.
Inhalt:
Dominique Bourel: Der Kommentar als Dialog bei Martin Buber
Edward Breuer: Tradition und Moderne in Mendelssohns Kommentaren
Micha Brumlik: Leo Strauss kommentiert Maimonides, den Kommentator der Tora
Peter Fenves: Jacques Derrida befragt »Le Livre des Questions«
Andreas Kilcher: Gershom Scholems (kabbalistische) Theorie des Kommentars
Michael L. Morgan: Levinas als Leser
Paul Reitter: Karl Kraus« Kommentar zur Welt und seine Auswirkungen auf die deutsch-jüdische Kultur
Benjamin E. Sax: Franz Rosenzweig: Kommentar, Zitat und das Schicksal der Sprache
Liliane Weissberg: Freuds Nachträglichkeit
Eva-Maria Ziege: Über Max Horkheimers »Judenglosse«