Peter Altenberg – prophetischer Asket mit bedenklichen Neigungen
Roland Innerhofer, Evelyne Polt-Heinzl
Peter Altenberg gilt bis heute als Repräsentant der Wiener Moderne, als Botschafter ‚eines von den geltenden Normen befreiten naturhaften Lebens‘. Das von Altenberg selbst installierte Bild als bedauernswerter, radikaler Außenseiter der Gesellschaft hält sich hartnäckig, obwohl er einen eigenen Circle hielt und sich inmitten der intellektuellen Kreise der Wiener Moderne bewegte.Statt die Anekdotik vom schrulligen Einzelgänger und Präzeptor der literarischen Moderne weiter zu tradieren, bettet der vorliegende Band Peter Altenbergs Schriften in ihren kulturgeschichtlichen Kontext ein. So sind die von Altenberg penetrant verfochtenen Lebenslehren und Affektregulierungen mittels Diätetik und Hygiene symptomatisch für die Epoche um 1900, die von einem Begehren nach Steuerung der körperlichen wie seelischen Energien umgetrieben wurde.Sein Werk vor der Folie seiner Entstehungszusammen hänge zu lesen bedeutet nicht, seine problematischen Aspekte – seine Kriegsbegeisterung, seine antisemitischen Ausritte, seine Sympathie für Karl Lueger oder die literarischen Spuren seiner pädophilen Neigungen – auszusparen oder als unwesentlich abzutun.