Probleme und Grenzen der Europäisierung des Verwaltungsrechts am Beispiel der Rückforderung gemeinschaftsrechtswidriger nationaler Beihilfen
Effet utile versus Optimierungsgebot
Frederik Foitzik
Die Europäisierung des Verwaltungsrechts, die der einheitlichen und effektiven Durchsetzung des hinsichtlich seiner Verwirklichung auf das nationale Recht angewiesenen Gemeinschaftsrechts und damit dem Vorantreiben der europäischen Integration dient, wird allgemein als ein fortschreitender und unumkehrbarer Prozess bezeichnet. Sie führt jedoch, so sie durch punktuelle Eingriffe in die nationalen Verwaltungsrechtsordnungen betrieben wird, auf Grund deren systematischer Vernetzung dort nicht selten zu Systemeinbrüchen; ein Befund, der vom Autor kritisch hinterfragt wird. Mit dieser Arbeit untersucht Frederik Foitzik die Grenzen der Verarbeitungsfähigkeit des nationalen Verwaltungsrechts für europäische Vorgaben am Beispiel der Rückforderung gemeinschaftsrechtswidriger nationaler Beihilfen unter Berücksichtigung auch anderer zentraler Bereiche der Überformung des nationalen Rechts wie etwa der Gesetzesbindung der Verwaltung, des Verwaltungsprozessrechts, des Staatshaftungsrechts u. w. m. Nachdem der Autor der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Rückforderung gemeinschaftsrechtswidriger nationaler Beihilfen trotz ihrer zwischenzeitlichen Bestätigung durch das Bundesverwaltungs- wie Bundesverfassungsgericht nicht in allen Punkten zu folgen vermag und sich seine diesbezüglichen Bedenken auch auf andere Bereiche der Europäisierung des nationalen Verwaltungsrechts übertragen lassen, untersucht er Lösungsmöglichkeiten der dargestellten Problematik der Europäisierung des Verwaltungsrechts, wobei als Prämisse aller Lösungsansätze die derzeit wohl nicht zu beantwortende, aber alle Lösungsansätze bedingende Frage nach der Zukunft der Europäischen Integration und damit der künftigen Aufgaben nationalen wie europäischen Verwaltungsrechts gestellt wird. Demzufolge wird im Rahmen der Darstellung dieser Lösungsansätze auch zwischen solchen unterschieden, die aus Sicht des Autors unabhängig von der Beantwortung dieser Grundfrage in jedem Fall umgesetzt werden sollten, um die Folgen der Europäisierung des Verwaltungsrechts für die Verwaltungsrechtsordnungen der Mitgliedsstaaten zu lindern, und solchen, die im Rahmen einer weiteren Intensivierung der Europäischen Integration Denkanstösse für einen Weg zu einem Europäischen Verwaltungsrecht liefern können. Innerhalb dieser Lösungsansätze kommt dem in dieser Arbeit entwickelten Optimierungsgebot der Schwerpunkt zu, das einerseits dem derzeit erreichten Stand der Integration gerechter werdende Auslegungsergebnisse ermöglichen soll als der nach Ansicht des Autors rechtshistorisch zwar konsequent entwickelte, aber dem Stand der Integration nicht mehr gerecht werdende effet utile des Gemeinschaftsrechts, und das andererseits einer pragmatischen Offenhaltung der vorgenannten Frage Rechnung tragen soll. Nachgewiesen wird dieses Optimierungsgebot an Hand von Vergleichen sowohl des Systems objektiver Rechtskontrolle und effektiver Rechtsdurchsetzung des Gemeinschaftsrechts mit dem System des auf subjektiv-öffentlichen Rechten fussenden Individualrechtsschutzes des nationalen Rechts als auch, und damit schliesst sich der Kreis der Arbeit zum Ausgangspunkt der Untersuchung, der Rechtsprechung des EuGH zur Rückforderung gemeinschaftswidriger nationaler Beihilfen mit dem alternativen Lösungsansatz des Autors. Als weitere Lösungsansätze werden eine Konsolidierung und Steigerung der Transparenz des Gemeinschaftsrechts, verbesserte Kompetenzabgrenzungen, Teil- und Gesamtkodifikationen, Kooperationsmöglichkeiten der Exekutive, Judikative und Legislative sowie eine Moderation der Rechtsprechung des Gerichtshofs vorgestellt. Die Arbeit versteht sich zugleich als eine Streitschrift für das System des ausgeprägten Individualrechtsschutzes des nationalen Rechts gegen europarechtliche Überformungen.