Produkthaftung.
Zur Konkurrenz von Kaufrecht und Deliktsrecht.
Detlef Koch
In jüngster Zeit ist eine zunehmend kritische Haltung der Wissenschaft, aber auch der Praxis gegenüber Entwicklungen in der Produzentenhaftung, die durch die Rechtsprechung des BGH geprägt worden sind, zu erkennen. Diese Skepsis bezieht sich weniger auf den ureigentlichen Bereich der Produzentenhaftung, als vielmehr auf die seitens der Judikatur geschaffenen neuen Haftungsgrundlagen, wie in den Fällen des »weiterfressenden Mangels« und der Haftung für wirkungslose Produkte, oder auch der bisher überwiegend im Schrifttum diskutierten Problemstellungen der Durchführung und Kostentragung von Rückrufaktionen. Die dogmatischen Probleme, die hier auftauchen, sind im wesentlichen auf systematische Bedenken zurückzuführen. Es sind dies Überschneidungen mit kaufrechtlichen Normen, insbesondere jedoch mit Wertungen des Kaufrechts, die durch eine Haftung nach den Regeln der Produkthaftung auf dem Wege des Deliktsrechts unterlaufen werden.
Hier treffen die alten, im wesentlichen noch auf römisches Recht zurückgehenden Normen der Sachmängelhaftung mit den auf modernen Anschauungen basierenden Regeln über die Produkthaftpflicht aufeinander. Während das Sachmängelgewährleistungsrecht nur wenige Veränderungen erfahren hat, ist das Deliktsrecht im Bereich der Produzentenhaftung an die Probleme der arbeitsteiligen Industriegesellschaft angepaßt worden. Das Ergebnis war, daß sich bislang das flexiblere Richterrecht durchgesetzt hat, da sich die Judikatur offensichtlich den moderneren Grundlegungen eher verpflichtet fühlte als den schon beinahe hundertjährigen Wertungen des historischen Gesetzgebers.
Soweit die Rechtsprechung noch nicht abschließend entschieden hat, bleiben als Aufgabe und Frage für die Wissenschaft, wie möglicherweise erwünschte Rechtsfolgen in das bestehende System eingepaßt werden können und welche Konsequenzen man hierbei aus den vorangegangenen Rechtsfortbildungen ziehen muß.
Die vorliegende Arbeit unternimmt den Versuch, durch die Analyse der Problemstellungen, die nicht ausschließlich auf den dogmatischen Bereich bezogen bleiben soll, Lösungsansätze für die behandelten Einzelfragen zu finden und Perspektiven aufzuzeigen.