Staat, Politik, Verwaltung in Europa.
Gedächtnisschrift für Roman Schnur.
Rudolf Morsey, Helmut Quaritsch, Heinrich Siedentopf
Als der Tübinger Staatsrechtslehrer Roman Schnur im August 1996 starb, bedeutete dies den Verlust eines Wissenschaftlers, der in Werk und Wirken ungewöhnliche Wege beschritten hatte. Seine Studien zur französischen Verfassungsgeschichte der frühen Neuzeit öffneten dem jungen Deutschen in den fünfziger Jahren den persönlichen Zugang zu den damals in Paris dominierenden Geistesgrößen; seine Verwaltungspraxis in Mainz ließ ihn in den sechziger Jahren zum Mitbegründer der neuen Verwaltungswissenschaft werden. Aus den vielen von ihm organisierten Tagungen, z. B. über Hobbes und Lorenz von Stein, über Staatsraison und die Rolle der Juristen bei der Entstehung des modernen Staates, gingen umfangreiche Bände von bleibendem Wert hervor. Die Zeitschriften »Der Staat« (seit 1962) und »Die Verwaltung« (seit 1968) wurden von ihm mitgegründet und viele Jahre mitredigiert; ihre unterschiedlichen Ausrichtungen entsprachen seinen weitgefächerten Interessen. Wie er durch seine Publikationen die Grenzen des eigenen Fachs überwand, so unterlief er seit den siebziger Jahren die Systemgrenzen Polens und Ungarns. Während vieler Besuche und Vorträge knüpfte er freundschaftliche Kontakte, in Tübingen betreute er u. a. 40 junge polnische Wissenschaftler. Seine Reisen und Forschungen verarbeitete er zu literarisch außergewöhnlichen Erzählungen. Darin beschreibt er Begebenheiten, die sich in verschiedenen Jahrhunderten ereignen und aufgrund der Einheit des Ortes und des genauen Auges des Verfassers einen verbindenden Sinn erhalten.
Die hier vorgelegten Beiträge in- und ausländischer Freunde spiegeln die Vielfalt seines wissenschaftlichen Lebens wider.