Von der Dekadenz zu den neuen Lebensdiskursen
Französische Literatur und Kultur zwischen Sedan und Vichy
Guy Ducrey, Jörg Dünne, Robert Folger, Judith Frömmer, Susanne Goumegou, Kurt Hahn, Katja Hettich, Xuan Jing, Reinhard Krüger, Stephan Leopold, Angela Oster, Karin Peters-Bannon, Lars Schneider, Dietrich Scholler, Eva Siebenborn, Linda Simonis
Mit dem Untergang des II. Kaiserreichs vollzieht sich in Frankreich nicht nur ein politischer sondern auch ein diskursgeschichtlicher Wandel, in dessen Folge ein Dispositiv der Erkrankung und des Niederganges durch solche Formationen überschrieben wird, die nunmehr Heil statt Unheil setzen. Der negative Vitalismus der Dekadenz weicht einer Regenerationsbewegung, die sich jedoch nicht in einem einzigen politischen Diskurs beruhigen kann, sondern sich um jene mit dem Verlust des Souveräns entstandene Leerstelle herum zu vervielfältigen scheint. Steht die Dekadenz im Zeichen einer gleichermaßen fetischisierten wie perhorreszierten Weiblichkeit, so kreist die mit der Niederlage von Sedan aufkommende Regenerationsdynamik um eine Vaterfunktion, die in der Republik, so scheint es, eben gerade noch keine symbolische Entsprechung finden kann. Die vakante Vaterposition wird damit offen für immer neue, imaginäre Besetzungen, die bei aller Heterogenität als Gemeinsamkeit die Verschränkung von Männlichkeit und Heil teilen.