Romantik und Moderne
Zeichnung als Kunstform von Caspar David Friedrich bis Vincent van Gogh
Anna Marie Pfäfflin, Heinrich Schulze Altcappenberg
Das »lange« 19. Jahrhundert ist eine Zeit der romantischen Verzauberung, aber auch der Beschleunigung, der Nationenbildung sowie der Industrialisierung. Es ist eine Zeit der Verwissenschaftlichung von Geschichte, Kunst und Natur wie der Etablierung einer bürgerlichen Öffentlichkeit. In dieser Zeit ändert sich alles: die Themen der Kunst, die Verfahren der Bilderzeugung, die ästhetischen Kategorien und das künstlerische Selbstverständnis. Früher und deutlicher als in anderen Kunstformen wird dieser Wandel am Medium der Zeichnung sichtbar. Sie veranschaulicht kreative Prozesse unmittelbar, reflektiert soziale Wirklichkeit, spielt mit dem Fragment und dem Atmosphärischen. Die Auswahl an 125 Originalwerken aus dem Berliner Kupferstichkabinett offenbart wesentliche Aspekte des Aufbruchs der klassischen Kunsttradition hin zur Moderne. Über die Mittel des Vergleichs und des Kontrasts werden gleichermaßen berühmte Ikonen wie noch nie gezeigte Meisterwerke des 19. Jahrhunderts in einen Dialog gesetzt: Pinselzeichnungen von Caspar David Friedrich, Carl Blechen oder Julius Schnorr von Carolsfeld treffen auf Strichzeichnungen von Friedrich Overbeck, Ferdinand Olivier, Karl Friedrich Schinkel und Wilhelm Leibl. Adolph Menzels hochvirtuose Gemälde auf Papier kontrastieren mit seinen monochrom verwischten Studienköpfen der späten Jahre unter völliger Auflösung der Linie. Und schließlich zeigen der spektakuläre Weltreisezyklus Eduard Hildebrandts und herausragende Arbeiten von Vincent van Gogh, Odilon Redon sowie Paul Signac internationale Aspekte der Zeichnung und ihre Entwicklung zur autonomen Kunstform.