Tokyo, Echo oder wir bauen den Schacht zu Babel, weiter
Gedichte
Ferdinand Schmatz
Erneut spannt Ferdinand Schmatz den Bogen von dichterischer Innenwelt zu sinnlich wahrnehmbarer Außenwelt: im dreiteiligen „echo“ seiner eigenen Dichtung bereist Schmatz die realen Räume zweier Städte und den imaginären Raum der Sprache, deren Zentrum das Gedicht bildet. „tokyo, echo“ und „sankt petersburg, echo“ sind dabei aber bedeutend mehr als die Summe der bebauten Fläche. Das zufällig aus dem unvorstellbar großen Kontinuum eines Stadt-Bildes Herausgegriffene schlägt um ins Notwendige der poetischen Wahrnehmung und des poetischen Vollzugs. Frei von den Verpflichtungen des Chronisten, der auf die Vollständigkeit der Schilderung setzen muß, schreibt sich Schmatz an die Wurzeln des Wahrnehmbaren, Zeichenhaften und Bedeutenden heran.
Während die in Strophen gegliederten Tokyo-Gedichte in ihrer wiederholten Atemlosigkeit und Intensität der stets weiter getriebenen Sprachbewegungen Wirkliches und Vorgestelltes verzahnen, entsprechen die vibrierenden Zweizeiler von „sankt petersburg, echo“ im „vor-ruf“, „jetzt-ton“ und „nach-klang“ ganz dem Konzept eines Dichtens von der Mitte her.
In diesen Zwischenbereich von Erfindung und Wahrnehmung fügt sich der dritte Abschnitt des Bandes: „dichtung, echo“. Schmatz schreibt hier Gedichte mit und entlang der Dichtung anderer. Beginnend an den Scharnieren bedeutsamer Fremdtexte – u.a. von Hölderlin, Kafka, Mandelstam, Busch, Walser – treibt Schmatz seine Gedichte in die Eigenständigkeit, um so die Vorlage dem eigenen Schreiben anzuverwandeln – fernab von postmoderner Zitierwut, in wunderbarem Ton und einleuchtendem Gehalt
großer Poesie.