Traumhafte Kindheit
Catherine Millet, Paul Sourzac
Catherine Millet gilt in Frankreich als eine der wichtigsten Kunstkritikerinnen, ihre Fachbücher und Essays sind maßgebliche Beiträge zur Kulturgeschichte. Weltweit in Erstaunen versetzte sie Kritiker und Leser aber mit ihren Bestsellern „Das sexuelle Leben der Catherine M.“ und „Eifersucht“, beides autobiografische Schilderungen ihrer intimen Erfahrungen.
Traumhafte Kindheit schließt an diese beiden Werke an, Catherine Millet rekapituliert mit äußerster Präzision die Entwicklung ihrer Wahrnehmung, ihrer Gefühle und ihres Bewusstseins und spiegelt so anhand scharf beobachteter und packend erzählter Episoden, wie sich ihre Persönlichkeit bildete. Offen und frei spricht sie von der Einsamkeit, den diffusen Schuld- und Schamgefühlen, den Ängsten eines jungen Menschen, der seine eigene Familie als „Glutofen der Hölle“ empfindet und sich nicht anders zu helfen weiß, als auf dem Schulhof das alltägliche Elend der Eltern in ausgeschmückten Schilderungen noch einmal zuzuspitzen, um den gesellschaftlichen Makel in Stoff für exklusive Geschichten zu verkehren.
Mit der zärtlichen Stimme einer sensiblen Seherin und einer humorvollen und zugleich dem Ziel einer beobachtenden Objektivität folgenden Darstellung sozialer Abgründe eröffnet Catherine Millet dem Leser Einblicke in die Rätsel der
Seele und zitiert wie nebenbei eine Fülle zeitgeschichtlicher Impressionen. Fotografisch genau erinnerte Details fügen sich zu einem Milieu- und Epochenbild, das die Autorin mit hohem Unterhaltungswert zu zeichnen versteht.
Wer den Blick mit Millet auf seine eigene Kindheit zurücklenkt, wird in vielen der hier geschilderten Erfahrungen seine eigenen wiedererkennen und herausgefordert sein, sie besser zu verstehen.