Widerstand und Kooperation
Studien zur politischen Kultur rheinischer und maasländischer Kleinterritorien (1648-1794)
Helmut Gabel
Gegenstand der Arbeit ist der bäuerliche Widerstand im Ancien Régime, untersucht anhand ausgewählter Fallstudien aus dem Rhein-Maas-Gebiet auf der Grundlage umfangreicher und weitgehend unbekannter archivalischer Quellen.
Dem Autor gelingt durch eine präzise Analyse der Ursachen, Erscheinungsformen und Wirkungen herrschaftlich-bäuerlicher Konflikte der Nachweis, daß der »gemeine Mann« im Rheinland ebensowenig wie seine obderdeutschen Standesgenossen nach dem Bauernkrieg von 1525 in politischer Apathie verharrte, sondern durchaus zur aktiven Vertretung und Durchsetzung seiner Interessen imstande war, die vor allem vom kommunalen Verband der bäuerlichen Gemeinde verfochten wurden. Sie waren aufs engste verknüpft mit Prinzipien wie Gerechtigkeit, gemeiner Nutzen, Konsens und Partizipation, also Leitbestimmngen politischen Handelns, deren Realisierung neben der Fähigkeit zur Abwehr von Rechtsverkürzungen durch die Herrschaft auch den Willen zu Dialog und Kooperation voraussetzte. Nicht zuletzt unter diesem Aspekt leistet Gabel einen wesentlichen (und keineswegs nur regionalhistorisch relevanten) Beitrag zur Ermittlung der frühmodernen Wurzeln sozialer Bewegungen und ihres Kampfes um politische Emanzipation, Mitwirkung und Mitverantwortung.
Der Nachweis der Politikfähigkeit bäuerlicher Untertanenverbände ist nur ein Aspekt der viel umfassenderen Analyse der Politischen Kultur und der sozialen Wirklichkeit im Rheinland der Frühen Neuzeit. Die Methoden zur Regelung innerterritorialer Konflikte sowie Wertvorstellungen und Normen der ländlichen Gesellschaft werden nämlich ebenso herausgearbeitet wie der Einfluß außerterritorialer Instanzen (z.B. Reichskammergericht und Reichshofrat) auf die Regelung interner Konflikte – ein wichtiger Beitrag also zur Geschichte der Reichsverfassung und zur Leistungsfähigkeit des frühneuzeitlichen Reichssystems am Beispiel des Rhein-Maas-Gebiets.