Zwischen Relikt und Reliquie
Objektbezogene Erinnerungspraktiken in antiken Gesellschaften
Andreas Hartmann
Für den modernen Kulturtouristen und Ausstellungsbesucher ist die Antike das Zeitalter der Ruinen und archäologischen Artefakte schlechthin. Doch bereits in der Antike selbst waren Griechen und Römer mit materiellen Überresten der Vergangenheit konfrontiert. Der Umgang mit solchen Relikten sowie ihre Funktionen innerhalb religiöser, politischer und kultureller Kontexte sind Gegenstand der Untersuchung. Sie knüpft an ältere Forschungen zur Vorgeschichte des christlichen Reliquienkultes an, das Material wird aber aus einer durch neuere kulturwissenschaftliche Forschungsparadigmen wie Erinnerung und Materialität/Visualität bestimmten Perspektive betrachtet. Damit gibt die Arbeit einen systematischen Überblick über die Formen objektbezogener Erinnerung in Griechenland und Rom vom 8. Jh. v.Chr. bis zum 4. Jh. n.Chr. und erschließt so einen bisher vernachlässigten Bereich antiker Geschichtskultur. Darüber hinaus leistet sie einen Beitrag zum Verständnis der historischen Evidenzkultur der Antike, der die Entstehung des christlichen Pilgerwesens im Heiligen Land sowie des christlichen Reliquienkultes besser verständlich macht. Die Dissertation wurde mit dem Kulturpreis Bayern und dem Bruno Snell-Preis der Mommsen-Gesellschaft ausgezeichnet.