Isa von der Lütt, Mitteilungen für junge Hauswesen, 226 Seiten, neu gesetzt, Reprint 1892/2012
Inhalt:
Einleitung 11
1. Einrichtung des Hauses. a. allgemeine Bemerkungen – Die geschichtliche Entwicklung der deutschen Hauseinrichtung in Renaissance – Barock – Rokoko – Zopf – Louis XVI. – Empir – die Möbel zur Zeit Schillers – die Romantik – die Maschinenindustrie – die Stilrekapitulation – der Japonismus – der englische Stil – der neue Stil. b. Hauseingang, Vorplatz, Vorzimmer. c. Empfangszimmer. Besuchszimmer. Salon. Boudoir. „Mein Zimmer“. Skizzen zu Einrichtungen. d. Eßzimmer. e. Wohnzimmer. f. Herrenzimmer. g. die übrigen Zimmer 13
2. Die Lebensweise der eleganten Frau 50
3. Gesellschaftliche Formen und Gebräuche.
a. Allgemeines. – Grüßen und Begrüßen. – Begrüßen in Gesellschaft. – Gespräch beginnen und abbrechen. – Vorstellungen und Sich vorstellen lassen. – Handbieten. – Handkuß. – Ansprechen auf der Straße. – Begleiten auf der Straße. – Rechtsgehen. – Ausweichen. – Benehmen auf der Straße. – Anbieten von Dienstleistungen. – Artigkeiten und Aufmerksamkeiten. – Danken 59
b. Bei besonderen Gelegenheiten. Verlobung, offizielle, nicht offizielle. – Mitteilung der Verlobung. – Erwiderung derselben. – Glückwunsch. – Blumengabe. – Erwiderung derselben. – Benehmen der Verlobten. – Hochzeitsgeschenke. – Dank für diese. – Abschiedsbesuch der Braut. – Einladung zur Trauung. – Vermählungsanzeige und Erwiderung. – Gebräuche bei Geburtsanzeige, Taufe. – Aberglaube. – Todesfall. – Einsegnung. – Beerdigung. – Trauergottesdienst. – Beileidsbesuch. – Dank für denselben 70
c. Rückblick auf Formen und Benehmen. 80 4. Der Besuch. – Allgemeines. – Wem sollen wir Besuch machen? – Grenzen der Besuche. – Besuchsliste. – Lohndiener. – Kartenhineinwerfen. – Tournée im Wagen. – Dankbesuch für Glückwunsch u. s. w. – Winterbesuch. – Dankbesuch für Einladung. – Wochenbesuch. – Krankenbesuch. – Artigkeitsbesuch. – Gegenbesuch. – Wann sollen wir Besuch machen? – Besuchsstunde. – Zeitpunkt der Besuche. – Benehmen beim Besuchmachen. – Eintreten. – Platznehmen. – Sofaplatz. – Aufbrechen bei dem Besuche. – Verabschieden. – Benehmen bei dem Besuchempfangen. – Besuchszimmer. – Besuchsanzug. – Begrüßung. – Platzanbieten. – Platz der Hausfrau. – Beginn des Gesprächs. – Hinausbegleiten 84
5. Die Visitenkarte und ihre Anwendung 98
6. Die Anrede. – Der Titel und Rang 103
7. Die Einladung. – Die Form und Zeit der Einladung und Ablehnung. – Wen kann und darf man laden? – Wen soll man laden? – Der Empfang im eigenen Hause. – Vorstellen. – Pflichten der Wirte und Gäste. – Anzug. – Bewirtung. – Zureden. – Bedienen bei Tische. – Benehmen bei Tische. – Einhalten der Einladungsstunde. – Aufheben der Tafel. – Aufbrechen in Gesellschaft. – Zeit des Aufbrechens. – Ruhe der Hausfrau. – Tisch-Decken, -Räumen, -Schmücken, -Führen, -Karten. – Kaffee nach Tisch. – Kaffe-, Thee-Einladung. – Fünf-Uhr-Thee (five o’clock tea) jour fix. – Empfangstag. – Frühstück. – Ball. – Rout. – Abendessen. – „Mit uns zu Abend essen“. – Der tägliche Tisch. – Mittagessen. – Herrenessen. – Getränke bei Tisch. – Speisezettel. 114
8. Die Konversation 138
9. Der Anzug. – Allgemeines. – Die Mode. – Das Auffallende. – Das Extravagante. – Das Einfache. – Die Forderungen der Eleganz. – Das Morgen- das Straßenkleid. – Der Schmuck. – Promenade-, Besuchs-, Reise-, Trauer-, Gesellschaftsanzug. – Kopfschmuck. – Das schwarzseidene Kleid. – Konzert-, Theater-, Ballanzug. – Die Schleppe. – Dineranzug. – Trauung und Hochzeitsanzug. – Vorstellungsanzug. – Sportanzüge. – Der Handschuh (das An- und Abziehen desselben). – Die Fußbekleidung. – Der Fächer. – Der Parfüm 148
10. Erlaube und unerlaubte Toilettenkünste. – Einige ästhetische Bemerkungen. Berechtigung und Zweck des Schmückens. – Spezifische und spezielle Schönheit. – Das „Gutstehen“. – Geschmack. – Anmut. – Verbergen und Hervorheben. – Haartracht. – Das Charakteristische. – Die harmonische Wirkung. – Das Anpassen und der Stil der Kleidung. – Der Hut. – Die Komplementärfarbe. – Vermittlungston. – Positive und negative Kontraste. – Abschwächung der Farbe. – Lichteffekte. – Farbenzudringlichkeit. – Die Art der Beleuchtung. – Reflextöne. – Optische Täuschungen. – Die „richtigen althergebrachten“ Toilettenartikel. – Das einzige, wirklich rationelle Schönheitsmittel. – Körperliche Arbeit. – Tägliche Waschungen. – Schonen. – Puder. – Unerlaubte Toilettenkünste. – Der Teint und seine Pflege. – Die Salbe. – Hautpflege. – Einige hierher passende Ratschläge. – Die Hand, deren Pflege und Schmuck. – Die Fingernägel. – Gefallen wollen 168
11. Mögliches Sparen 189
12. Das Geldausgeben der Dame in der Oeffentlichkeit. – Sammlungen ec. – Trinkgelder 198
13. Die Dienstboten. – Die Behandlung der Dienstboten. – Unser Benehmen gegen dieselben. – Deren Kleidung. – Das Benehmen der Dienstboten 200
14. Der Schreibtisch. – Der Brief. – Nachschrift. – Anrede. – Schlußformel. – Unterschrift. – Adresse. – Briefpapier 208
15. Die Musik im Salon 214
16. Unser Umgang. – Vorsicht in der Wahl desselben. – Das Anknüpfen von Bekanntschaften. – Wünschenswerte Bekanntschaften. – Das Abbrechen von Bekanntschaften. – Reise- und Badebekanntschaften. – Freundschaften 218
17. Die Kinder. – Anwesenheit bei Gästen. – Benehmen. – Geselligkeit. – Umgang. – Sprechweise. – Kindermädchen. – Bonne. – Kleidung 222
Vorrede:
Nachstehender, an mich gerichteter Brief, an dem ich, außer den Eingang, kaum etwas wegließ oder änderte, wurde mir der letzte Anlaß, vorliegendes Büchlein zu veröffentlichen:
Hochverehrte gnädige Frau!
Ich bin in Verzweiflung! Denken sie, ich habe mit meinem Manne eine Scene gehabt! Nach dreimonatiger glücklichster Ehe eine Scene, eine wirkliche Scene! Er war schließlich schrecklich zornig, und ich weinte fürchterlich. Und warum dies alles? – Weil ich heute, als wir Besuche machten, der Frau Gräfin M. zuerst die Hand bot, weil ich deren Töchter mit „Fräulein Gräfin“ ansprach, weil ich beim Oberst H., da ich meinen Mann zwei Karten abgeben sah, auch von mir zwei Karten gab, und weil über dies alles „die Leute lächelten“.
„Du blamierst uns,“ rief er endlich zornig, „weil du eben nicht auf das achtest, was in der eleganten Welt der Brauch ist! Die Frau eines Offiziers aber, der immer fähig sein muß, in den ersten Gesellschaftskreisen tadellos zu verkehren, sollte solches thun. Ist es mir schon ohnehin peinlich genug, wenn man über unsern unmäßig goldenen Salon spöttelt, so sollte doch“ – und damit stürzte er wütend fort in seine Kaserne. Ich weinte natürlich noch eine Zeit lang, konnte mir aber nicht verhehlen, daß er recht hatte. Woher aber soll ich wissen, daß derlei Kleinigkeiten Bedeutung haben? Ich bin sozusagen auf dem Lande aufgewachsen; die ausgedehnten Fabrikanlagen meiner Eltern liegen weit von der Stadt entfernt. Mein Vater kümmerte sich nur um sein Geschäft, meine Mutter um den sehr großen Haushalt. Mich ließen sie in dem besten Institut der französischen Schweiz erziehen, wo ich mit ungeheuren Kosten ungeheuer gebildet und in allem möglichen eingehendst unterrichtet wurde, nur nicht in dem, was ich jetzt so notwendig brauchen würde. Kaum aus dem Institute zurückgekehrt, lernte ich bei einer Manöver-Einquartierung meinen Mann kennen und bin nun seit drei Monaten seine Frau, die anfängt, vor jedem Besuche, vor jeder Gesellschaft zu zittern, weil sie fürchtet, in ihrer Harmlosigkeit und Unsicherheit immer neue Ungeschicklichkeiten zu begehen, die ihn unglücklich machen. So soll ich zum Beispiel morgen abend die obengenannte Gräfin M., eine geborene Fürstin N., mit ihren Töchtern und den Oberst von H. mit Frau und Sohn zum Abendessen bei mir haben.
Bitte, bitte, gnädige Frau, Sie haben mir je gestattet, bei Ihnen Rat zu holen, sagen Sie mir doch, wie habe ich diese alle anzureden, wie sie zu setzen, was zu geben, um nicht zu viel, nicht zu wenig zu thun, und welche Toilette ist dabei für mich die richtige?
Verzeihen Sie, wenn Ihre große Güte allzu sehr in Anspruch nimmt
Ihre dankbar ergebenste
Anna M.
Sei es mir nun gestattet, über mich selbst, an die dieser Brief gerichtet ist, ein paar Worte zu sagen. Ich entstamme einer Familie, welche seit Urzeiten am Hofe von X. gelebt hatte. Mich führte das Leben, oder vielmehr die Liebe, an der Hand eines bürgerlichen Offiziers in eine Provinzstadt. Es galt nun, sich mit verhältnismäßig bescheidenen Mitteln elegant einzurichten und so hauszuhalten, anfangs eine kleine, später eine ausgebreitete Geselligkeit zu pflegen. Es war mir eine große Genugthuung, zu sehen, daß es meinem Manne eine wirkliche Freude war, wie allmählich unser Haus als einer der elegantesten der Stadt galt, daß sich um unsern Theetisch gern die bekannten Familien der Stadt und des Adels der Umgebung Rendezvous gaben und unsre Gesellschaften die besuchtesten in jedem Winter wurden. Im Laufe der Zeit kam ich nun durch Beobachtungen, Erfahrungen, Erlebnisse, die ich in der Heimat, sowie während vielfachem auswärtigen Besuchsleben machte, dann durch Anfragen, Briefe und Briefchen, die an mich kamen, wie obenstehender, zu der Anschauung, daß ein Büchlein wie vorliegendes einer großen Zahl junger Frauen willkommen sein könnte.
Möchte es mir gelungen sein, hiermit einen getreuen Ratgeber geschaffen zu haben besonders für solche Frauen, welche ein elegantes Haus machen wollen oder sollen, und deren Jugend die nötige Erfahrung oder der Glaube, daß dies auch mit einfachen Mitteln möglich ist, hierzu fehlt. Möchte dies Büchlein ein willkommenes Brautgeschenk, eine willkommene Weihnachtsgabe werden!