Wolfgang Gaiser/Johann de Rijke: Gesellschaftliche und politische Beteiligung Jugendlicher und junger Erwachsener in Deutschland Der Beitrag beleuchtet auf empirischer Basis ein breites Spektrum von Partizipation: die Mitgliedschaft und Aktivität in traditionellen Organisationen, Vereinen und Verbänden, die Beteiligung bei weniger formellen Gruppierungen sowie Formen punktueller politischer Artikulation. Grundlage sind die Ergebnisse der dritten Welle des DJI-Jugendsurvey mit 9.100 12- bis 29-jährigen Befragten. Es wird den Fragen nachgegangen, ob sich Mädchen und junge Frauen in anderer Weise beteiligen als Jungen und junge Männer und welche Rolle dem Migrationshintergrund und formalen Bildungsunterschieden bezüglich unterschiedlicher Partizipationsformen zukommt. Gezeigt wird, dass man nicht von einem generellen Partizipationsdefizit von Mädchen und jungen Frauen sprechen kann; auch wird sichtbar, dass der Faktor Migrationshintergrund mit Blick auf Partizipation nicht unabhängig vom schulischen Bildungsniveau der Befragten betrachtet werden kann. Wolfgang Gaiser/Martina Gille/Johann de Rijke: Bürgerschaftliches Engagement und Verantwortungsübernahme bei 18- bis 33-Jährigen. Ergebnisse des DJI-Survey 2007 Datengrundlage ist mit 1.643 Befragten im Alter von 18 bis 33 Jahren eine Teilstudie des DJI-Survey 2007. Die Ergebnisse belegen, dass viele Vereine eine größere Breitenwirkung haben, als dies eine ausschließliche Bewertung von Vereinsengagement über Mitgliedschaften und die Aktivitäten von Mitgliedern nahe legen würde. Da der DJI-Survey 2007 für die betrachtete Altersgruppe eine Panelstudie ist, lässt sich für den Zeitraum 2003 bis 2007 die Entwicklung von Engagementformen analysieren. So wird am Beispiel der Beteiligung bei informellen Gruppierungen zu beiden Befragungszeitpunkten gezeigt, wie stark die politische Aktivierbarkeit junger Menschen von der biographischen Phase, den Gelegenheitsstrukturen und den Anlässen abhängt. Weiterhin können Zusammenhänge zwischen Aktivität in Vereinen und sozialen Kompetenzen nachgewiesen werden. Ursula Hoffmann-Lange/Johann de Rijke: Argumente und Daten zur Herabsetzung des Wahlalters Das Wahlrecht kann als "harter" Kern der Demokratie angesehen werden. Ab welchem Alter sollte dieses Recht "zugestanden" werden? Der Beitrag beleuchtet nicht nur die politische Debatte, sondern gibt auch auf empirischer Grundlage wichtige Hinweise für diese Diskussion. Dabei geht es im Einzelnen um die Entwicklung politischer Kompetenzen im Jugendalter, um die subjektive Bedeutung des Wählens für die junge Generation, um altersspezifisches Wahlverhalten sowie den erwartbaren Einfluss der Herabsetzung des Wahlalters auf die Wahlbeteiligung. Resumiert wird schließlich, dass eine Herabsetzung des Wahlalters kaum Auswirkungen auf die Wahlergebnisse hätte, insgesamt gesehen jedoch zu einer weiteren Abnahme der Wahlbeteiligung führen würde. Claus J. Tully/Wolfgang Krug: Engagement befördert Teilhabe und setzt sie voraus. Erkenntnisse aus dem Projekt "Informelle Lernprozesse im Jugendalter in Settings des freiwilligen Engagements" Der Beitrag beleuchtet Partizipation im Rahmen freiwilligen Engagements. Die Autoren stützen sich auf die Ergebnisse des Projekts "Informelle Lernprozesse im Jugendalter in Settings des freiwilligen Engagements" (durchgeführt vom Forschungsverbund Deutsches Jugendinstitut/Universität Dortmund). Sie belegen, dass das freiwillige Engagement für Jugendliche ein wichtiges gesellschaftliches Lernfeld sein kann. Unter anderem zeigen sie, dass engagierte Jugendliche ein positiveres Selbstbild haben als nicht Engagierte, auch sind sie besser sozial eingebunden. Darüber hinaus fördert freiwilliges Engagement politische Teilhabe Jugendlicher. Ein Effekt der sich daraus speist, dass im Verein/Verband eine teamförmige Zusammenarbeit nötig ist, um die gesetzten Ziele zu erreichen und den Fortbestand des Vereins/Verbands zu sichern: Das Team in das Jugendliche im Rahmen ihrer Mitwirkung eingebunden sind, zeigt sich als Verknüpfung zwischen dem Einzelnen und dem Verein/Verband als Ganzem. Dies ist zugleich der konkrete Ort an dem die gesellschaftlichen Werte, die der Verein/Verband repräsentiert, diskutiert, bewertet, reflektiert und angeeignet werden. Christine Feil: Partizipation im Netz. Zur Bedeutung des Web 2.0 für Kinder und Jugendliche Das "Web2.0" ist zum Synonym für die aktive Beteiligung der "User" an der Gestaltung des Internets geworden. Es erlaubt nicht nur Informationen abzurufen, sondern auch ins Netz zu stellen, nicht nur downzuloaden, sondern auch upzuloaden. Es gibt eine ganze Reihe an deutschsprachigen Partizipations-Plattformen bzw. Communities, die es Kindern und Jugendlichen mit einfachsten technischen Mitteln ermöglichen, ihre Interessen, ihr Selbstbild, ihre Denkweisen und ihren Lebensstil, kurz gesagt, ihre Identität durch Fotos, Videos, Musik, Texte, Kommentare und anderes mehr im Web zu demonstrieren, manchmal aber auch zu demontieren. Das Web2.0 gilt in der Öffentlichkeit als "junges Medium", quasi als kinder- und jugendkultureller Freiraum, in dem sich die medienkompetente Kinder- und Jugendgeneration von Erwachsenen unkontrolliert artikuliert. Wie sieht es jenseits der öffentlichen Debatte mit der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen im Web 2.0 aus? Nach einer kurzen Skizzierung seiner Facetten wird anhand von Daten, die 2007/ 2008 im Projekt "Digital Divide" bei 10- bis 11-Jährigen und 13- bis 14-Jährigen erhoben wurden, zunächst der Frage nachgegangen, in welchem Umfang Kinder die interaktiven Elemente des Internets überhaupt wahrnehmen. Dargestellt wird darüber hinaus, welche Kinder die Potenzen des Web2.0 nutzen, ob sie sich durch besondere Medienpräferenzen auszeichnen oder eher soziodemografische und personale Faktoren die Partizipation im Netz dominieren. Vor dem Hintergrund des Alters der Befragten ist mit Blick auf die Motivlagen der Partizipation im Netz festzuhalten, dass sie selten sozial- und gesellschaftspolitisch als vielmehr privatistisch und selbstreferentiell sind. Holger Quellenberg: Partizipation von Kindern in Familie und Schule - Eine Reanalyse des DJI-Kinderpanels Der Beitrag widmet sich dem Vergleich von Partizipationsmöglichkeiten in Familie und Schule als zwei zentralen institutionellen Kontexten für das Aufwachsen von Kindern. Die empirische Basis dafür bilden drei Erhebungswellen des DJI-Kinderpanels, einer Studie, die das Aufwachsen von Kindern in einem breiten Themenspektrum aus der Perspektive der Kinder untersucht. Zumeist wird dabei angenommen, dass das frühe Erlernen von partizipativen Verhaltensmustern notwendig oder zumindest förderlich für die Entwicklung einer demokratischen Persönlichkeit ist. Deshalb ist es sinnvoll, partizipative Verhaltensformen bereits in der Grundschule zu fördern. Aber auch der Familie als der zentralen Sozialisationsinstanz kommt die Rolle zu, demokratische Grundwerte zu vermitteln und folglich partizipative Verhaltensweisen zu unterstützen. Den Erfolg solcher Bemühungen dokumentieren auch die Ergebnisse von Alt u.a. (2005: 30). Sie zeigen für die Befragten der zweiten Welle des Kinderpanels, dass es eine hohe Übereinstimmung zwischen schulischer und familialer Partizipation gibt. Im vorliegenden Artikel wird dieses Ergebnis zunächst aufgegriffen, noch einmal vertieft und mit den Daten der dritten Welle analysiert. Anhand deskriptiver Analysen wird untersucht, welche persönlichen Merkmale und Umweltkontexte die Wahrnehmung und Beurteilung von Partizipationsmöglichkeiten bestimmen. Weiter wird analysiert, wie konsistent die Angaben zu den einzelnen Items sind und wie oder ob daraus für beide Wellen vergleichbare Indexvariablen gebildet werden können. Abschließend wird regressionsanalytisch der Frage nachgegangen, welche Veränderungen der Einflussfaktoren zur Veränderung der Wahrnehmung von Partizipationsoptionen beitragen. Bettina Arnoldt/Christine Steiner: Partizipation an Ganztagsschulen Aufgrund des erweiterten Zeitrahmens wird erwartet, dass sich Ganztagsschulen stärker als es an Halbtagsschulen möglich ist zu Lebenswelten entwickeln, innerhalb derer eine partizipative, von Fairness bestimmte Praxis verwirklicht und von den Schüler/innen eingeübt werden kann. Im Beitrag wird auf der Basis der Befunde aus der Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen (StEG), untersucht, welche Partizipationsmöglichkeiten Schüler/innen seitens der Schulen eingeräumt werden und wie die Schüler/innen diese Möglichkeiten wahrnehmen. Dabei zeigt sich, dass auch an Ganztagsschulen Schüler/innen vor allem dann größere Beteiligungsspielräume eingeräumt und insbesondere von den Ganztagsteilnehmer/innen wahrgenommen werden, wenn an den Schulen das explizite Ziel verfolgt wird, eine beteiligungsorientierte Schulkultur zu entwickeln. Heinz-Jürgen Stolz/Elke Kaufmann/Anna Schnitzer: Bedeutung partizipativer Gestaltungsformen für Unterricht und Angebot in Ganztagsschulen Zwei methodisch qualitativ ansetzende Forschungsprojekte am Deutschen Jugendinstitut geben Aufschluss über partizipative Gestaltungsformen von Unterricht und Angebot in Ganztagsschulen. Sie zeigen auf, dass das partizipative Profil dieser Bildungssettings nicht so sehr von den besonderen Rahmenbedingungen der Ganztagsschule, sondern von grundlegenderen Konstellationen abhängt, die so auch für Halbtagsschulen gelten könnten: Die den Unterricht und das Ganztagsangebot verantwortenden Lehr- und Fachkräfte sollten, den Ergebnissen zufolge, die pädagogische Beziehung zu den SchülerInnen künftig verstärkt als ein nicht auf institutionelle Rollendefinitionen reduzierbares soziales Anerkennungsverhältnis wahrnehmen, lernrelevante Motivationsformen der SchülerInnen in entsprechend interessenssensitiven pädagogischen Konzepten reflektieren und verstärkt offene, auf Mitverantwortung der SchülerInnen basierende Unterrichtsformen konzipieren. Des Weiteren zeigen die Befunde, dass der Einbezug außerschulischer Kooperationspartner in den Ganztag bislang nicht – wie politisch erhofft – zum nachhaltigen Aufbau einer setting- übergreifenden, partizipativen Schul- und Unterrichtskultur beiträgt. Liane Pluto: Partizipation in der Kinder- und Jugendhilfe. Empirische Befunde zu einem umfassenden Anspruch In der Kinder- und Jugendhilfe existiert eine gute gesetzliche Ausgangsbasis (SGB VIII) für die Partizipation von Kindern und Jugendlichen, die auf unterschiedlichen Handlungsebenen eine Verbesserung der Partizipation der Adressat/innen anregt. Dies hat unter anderem zu einer differenzierten Fachdebatte geführt, in der die Möglichkeiten der Partizipation von Adressat/innen diskutiert und ausgeweitet wurden. Zugleich existieren besondere Bedingungen, die in der Alltagspraxis die Verwirklichung von Partizipation mitunter erschweren. Der Beitrag skizziert exemplarisch auf der Basis empirischer Daten des DJI-Projekts „Jugendhilfe und sozialer Wandel“ an drei unterschiedlichen Aufgabenbereichen (Steuerung, Organisation und pädagogisches Handeln) in drei Handlungsfeldern, in der Jugendhilfeplanung, der Jugendarbeit und der Heimerziehung, inwieweit die Kinder- und Jugendhilfe diesem Anspruch nachkommt und welche Veränderungsnotwendigkeiten beschrieben werden können. Bernhard Babic: Zur Gestaltung benachteiligungssensibler Partizipationsangebote - Erkenntnisse der Heimerziehungsforschung Einer der größten Herausforderungen für viele Angebote und Initiativen zur Kinder- und Jugendlichenpartizipation ist die angemessene Einbindung sozial Benachteiligter. Die Jugend(hilfe)forschung hat jedoch erst vor kurzem begonnen, sich ausdrücklich dieser Thematik anzunehmen. Zur Beantwortung der Frage, wie benachteiligungssensible Partizipationsangebote ausgestaltet werden sollten, ist es daher sinnvoll, einen Blick auf den Partizipationsdiskurs in der Heimerziehung zu werfen. Denn diese Form der Erziehungshilfe wendet sich mit ihren Angeboten und Maßnahmen nicht zuletzt an sozial benachteiligte junge Menschen. Welche Schlüsse sich aus dieser Perspektive für eine bessere Beteiligung sozial Benachteiligter auch über den Bereich der Heimerziehung hinaus z