Die Rechtsfigur des Repartierungsrechts
Thies Vogel
Der Autor befasst sich mit einer sehr grundlegenden und spannenden Frage, nämlich mit der Überlegung, wie eine Konkurrenz mehrerer Gläubiger um eine unzureichende Leistungsmenge zu lösen ist. Die Repartierung, d. h. eine anteilige und gleichmässige Befriedigung aller Gläubiger, stellt dabei eine Lösung der Konfliktlage dar. Gegenstand der Studie ist, ob die Repartierung eine allgemeine Rechtsfigur darstellt und ob auch im allgemeinen Zivilrecht eine Pflicht des Schuldners angenommen werden kann, bei einer beschränkten Gattungsschuld eine anteilige Befriedigung der Gläubiger vorzunehmen. Nach einleitenden Überlegungen zur ökonomischen Bewertung der Handlungsalternativen werden verschiedene Rechtsgebiete dargestellt, in denen eine gleichmässige Gläubigerbefriedigung vorgenommen wird. Nach einer Übersicht werden die Regelungen der InsO betrachtet, die kartellrechtliche Verpflichtung nach § 20 GWB dargestellt sowie die anteilige Gläubigerbefriedigung im Bank- und Wertpapiergeschäft, im Versicherungsrecht, dem Gebiet der Gefährdungshaftung, im Unterhaltsrecht, der Anordnung von Kurzarbeit und Beispielen aus anderen Rechtsordnungen erörtert. Nach Feststellungen zu den grundsätzlichen Voraussetzungen einer Repartierung wird näher untersucht, ob die Gläubigerkonkurrenz um eine unzureichende Gattungsschuld sachgerecht mit den allgemeinen zivilrechtlichen Normen gelöst werden kann. Entgegen der Rechtsprechung des Reichsgerichts liegt keine „Interessengemeinschaft“ zwischen den Gläubigern vor. Der Verfasser legt indes dar, dass der Schuldner aufgrund der vertragsrechtlichen Bindung an die Gläubiger über § 242 BGB zur Repartierung verpflichtet ist und begründet dies in Anlehnung an § 700 Abs. 2 HGB mit einer Gefahrengemeinschaft bzw. im Hinblick auf die tatsächliche wechselseitige Einflussnahme mit dem Vorliegen einer Haftungsgemeinschaft. Abschliessend wird festgehalten, dass sich auch die zuvor erarbeiteten allgemeinen Voraussetzungen einer Repartierung auf die schuldrechtliche Situation übertragen lassen. Das Buch soll einen Beitrag zu dieser (auch dogmatisch) schwer begründbaren Rechtsfrage liefern und Anstoss für weitere Diskussionen bieten.