Weltanschauung des Mittelalters im Spiegel der Kunst
Reinhard Sprenger
Aus den Denkmalen der mittelalterlichen Kunst spricht das Leben der Früheren. Nicht so sehr dadurch, dass sie bestimmte Daten und Fakten wiedergeben, als vielmehr dadurch, dass sie Dokumente menschlichen Denkens, Fühlens und Handelns sind. Sie lassen einen tiefen Einblick in einen Zeitraum und seine Menschen zu, da das künstlerische Gestalten immer in das Bedingungsgefüge seiner Zeit eingespannt ist: in die politischen, wirtschaftlichen, sozialen und rechtlichen, in die theologisch-philosophischen und religiösen Vorstellungen und Zustände. So muss auch für die Epochen der Kunst des Mittelalters eine zeitgebundene Struktur berücksichtigt werden. Die Klöster, Stifte und Kirchen, die Burgen, alten Stadtanlagen und Bürgerben des Mittelalters sind somit hentische Quellen einer historischen menschlichen Existenz, sind Zeugen des Werdens und Vergehens, aber auch des Weiterlebens. Diese Bauwerke in ihrer architektonischen Art wie auch die Skulpturen sind in ihrem Stil und in ihrer Chronologie der Entstehung Zeugen vergangenen Lebens und Wirkens, sind Nachweise menschlichen Handelns in der Zeit. Sie tun u.a. kund, was die Menschen in ihren Herzen bewegt hat, wie sie sich selbst, das Sein und die Welt und schließlich auch Gott und das Transzendente gesehen und verstanden haben. So sind Bauwerke und Skulpturen nicht nur Zeugen einer kunsthistorischen Entwicklung und Ausdruck zeitbedingter Stilformen, sondern lebendige Dokumentationen einer Zeit. Es geht dem Autor also weniger um ikonographische oder kunsthistorische Details wie die Darstellung von Stilformen, sondern vielmehr um eine Deutung von mittelalterlicher Kunst, wobei diese ein Spiegel ist, in dem sich Geistiges fängt und in Synthese wieder die Möglichkeit bietet, eine Zeitepoche, ihre Menschen in Denken und Handeln zu erfassen und zu verstehen. Um das Thema überschaubar zu gestalten, liegt das Hauptaugenmerk auf der Architektur und Skulptur der Romanik und Gotik mit dem Schwerpunkt Sakrale Kunst. Den Darlegungen des Buches liegen Manuskripte aus Vorlesungen, Seminaren und Vorträgen zu Grunde, die der Autor im Rahmen seiner Lehrtätigkeit gehalten hat.